Reise in die Baker Street 221B

Eine kleine Retrospektive meiner London – Reise 2016

Der Familie meiner Schwester gewidmet

Prolog

Von London träumte ich schon mein ganzes Leben lang. Vor etwas mehr als 30 Jahren, mit ca. 16 (das war 1985), entdeckte ich meine Liebe zu dem weltbekannten Detektiv und seinem Freund und Kollegen Dr. Watson. Ich richtete einem damaligen Freund und mir eine „Baker Street Wohnung“ im Keller meiner Eltern ein, die freilich mehr an die Londoner Docks erinnerte als an die behagliche Wohnung in der Baker Street. Bilder von Sidney Paget hängen dort immer noch an der Wand aus eben jenen Tagen.

Wie oft hatte ich mir vorgestellt, selbst auf der Westminster Bridge zu stehen und hinauf zum Big Ben zu schauen, während er seine hypnotische, bekannte Notenfolge spielt!

Dieser kleine Bericht widmet sich nur einem Ausschnitt der vielen Eindrücke, die ich in der Hauptstadt Groß Britanniens gesammelt habe. Hier habe ich mich zudem primär auf „Sherlock Holmes“ konzentriert. London ist so viel größer und die Eindrücke in einem einzigen Text festzuhalten wäre mir eh unmöglich…

Erste Schritte

Am Tag der Ankunft – dem 12. Juni 2016 – feierte Ihre Majestät mit der Bevölkerung ihren 90. Geburtstag und so war unser erstes Ziel der Buckingham Palace, in dem zu Holmes Zeiten schon Königin Viktoria residierte. Der Palast war zum großen Teil abgesperrt, die Feier vorbei, aber so kamen wir auf jeden Fall in den frühen Genuss des Hyde Park, wobei mir bis heute nicht ganz klar ist, wo der Hyde Park endet und der Kensington Park beginnt. Google klärt das einfach mit einem Blick von oben, aber wer da einfach so lang schlendert, wird es erstmal nicht unbedingt merken, wenn er vom einen Teil in den anderen wechselt.

Abendstimmung im Park

Als ich mir wenige Tage später im Tower von London, jener großen Burganlage, die Kronjuwelen ansah, dachte ich an Professor Moriarty. Sowohl der Cumberbatch – „Sherlock“ – Serie als auch an die Rathbone-Variante des Erz-Schurken in „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“: In beiden Fällen sieht es Moriarty auf die Kronjuwelen ab und ist teilweise erfolgreich. „Wird er gleich zugreifen?“ ging es mir – lächelnd – durch den Kopf.

Die Brücke, die Lampe und ich

Wie so ziemlich alles in London ist auch die Tower Bridge in Wirklichkeit viel größer als man es vermutet, wenn man sie „nur“ aus Film und Fernsehen kennt. Ich versuchte mit Fotos die gewaltige, imposante Größe der Brücke aufzufangen, aber das gelang mir nur teilweise.

Das ist ja wohl groß, oder?

Besonders „witzig“ war es auf den dicken Plexiglasscheiben zu laufen, die im oberen Bereich der Brücke viele Meter über der Straße und der Themse liegen. Das Gehirn spielt einem einen Streich: „Auf Glas laufen über einen Abgrund? Mach ruhig, aber ohne mich“. Und so war ich denn auch nicht wirklich entspannt als ich darauf stand, aber ich war da und ich habe es getan!

Über der Tiefe…

Baker Street 221B, die Erste und Zweite

Wir  machten uns zu Fuß auf den Weg zur Baker Street. Wie es sich für Touristen gehört, verliefen wir uns erstmal, was sich aber als Vorteil herausstellte, denn so kamen wir – halb verhungert – nicht etwa direkt beim Museum an, sondern beim „Sherlock Holmes Hotel“. Eine liebe Bekannte hatte mir den dortigen „Hamburger“ empfohlen. Der schmeckt da auch wirklich richtig gut. Speziell jedoch in jenem Ambiente, das auf eine dezente Weise auf den Detektiv und seine Zeit ausgelegt ist. Modern – z.B. in Form von recht zeitgenössischen Gemälden des großen Sherlock Holmes – aber mit einer Verbeugung vor der viktorianischen Ära – etwa in Form von Vitrinen, in denen Dinge zu sehen sind, die vor Allem Holmesianern etwas zu sagen haben. Eine Wand, auf die ich beim Lunch blickte, zeigte diverse Bilder des Detektivs – hier besonders Rathbone – sowie stilisierte Tabakpfeifen u.a.

Sherlock Holmes Hotel – Ausschnitt

Danach ging es zum Museum.

Auf dem Weg zum Museum begegnet man u.a. einem „Sherlock Holmes Grill“. In der Gegend der Baker Street ist es schwer, Holmes zu entgehen, wenn man das wollte. Bilder hier, Gedenktafeln dort, Touristen-Geschenke anderen Orts. Mir gefiel das natürlich.

Das Museum – es ist in privater Hand – war gut besucht. Als wir endlich an der Reihe waren, musste es natürlich das obligatorische „Foto mit Bobby“ geben, denn die Museumsleitung hatte die geniale Idee draußen einen „historischen Bobby“ zu engagieren. In Wirklichkeit sind das oft Studenten, die schnelles Geld machen wollen. Drinnen finden sich auch Zimmermädchen, die einen freudig begrüßen, wenn man das Museum betritt und freudig verabschieden, wenn man aus dem oberen Stockwerk herunterkommt (und sich etwas wundern, wenn man dann nochmals die erste Etage betritt, was aber okay ist).

221B, Baker Street

Die Diehlen knarrten, der Kamin mit Sitzecke sah behaglich aus, Kerzenleuchter aus Messing glänzten und in jeder – sprichwörtlich jeder! – Ecke gab es etwas zu finden, was mit dem Detektiv zu tun hatte. In der zweiten Etage gab es sogar Wachsfiguren. Die Bakerstreet liegt in der Nähe von „Madame Taussauds Wachsfigurenkabinett“ und von daher gehe ich davon aus, es lag nahe, hier Wachsfiguren zu platzieren. Irene Adler und ihr Verehrer, der König von Böhmen, sehen sich hier. Der „rothaarige Mann“ ist zu sehen, aber auch eine Szene aus dem „gefleckten Band“ wird nachgestellt, um nur ein paar zu nennen. Natürlich haben wir uns ins Gästebuch eingetragen.

„Folgen sie mir, Mr. Holmes erwartet sie…“

Ebenfalls sehr beeindruckend war jedoch der Museums Shop. Von Kunst bis Kitsch kann man hier so ziemlich alles kaufen, was mit „Sherlock Holmes“ zu tun hat. Polizeipfeifen, Stifte, Füllhalter, Büsten, Schirme, Tassen, Bilder, Bücher, T-Shirts, Mützen und vieles mehr gibt es hier in Hülle und Fülle. Die Preise sind moderat bis überteuert, aber für jeden ist etwas dabei. Eine Verkäuferin sprach sogar deutsch. Leider fragte ich sie nicht, warum der Online-Shop eingestellt wurde.

Kurz erwähnen will ich noch den Sherlock Holmes Pub, ganz in der Nähe der Scotland Yard „Straße“. Der Pub wirkt in der unteren Etage wie ein gewöhnlicher Pub. In der ersten Etage erkennt man, warum er von außen so schön auf Sherlock Holmes hinweist. Eine Mini-Ausstellung und viele Exponate in Regalen und an den Wänden finden sich hier. Das Essen ist einwandfrei.

Sherlock Holmes Pub (nicht von Sidney Paget, aber hätte sein können, oder?)

Der Besuch im Sherlock Holmes Museum hatte mich so sehr begeistert, dass ich gegen Ende der „London – Woche“ noch einmal alleine dorthin ging. An dem Tag wollte ich aber auch noch die „Nothern Gower Street“ besuchen, die „andere“ Baker Street. Es ist schon witzig, dass die Straße, die man in der „SHERLOCK“-Reihe mit Benedict Cumberbatch verwandte, den Namen „Gower“ im Namen trägt. Holmes – Fans kennen Patrick Gowers als den Komponisten der Musik zur berühmten Sherlock Holmes Serie mit Jeremy Brett. Die Serie ist bei uns in (West-)Deutschland nur sehr, sehr zögerlich bekannt geworden, aber das ist ein anderes Thema.

Sherlock´s Door North Gower Street, neben Speedys…

Wer „Sherlock“ kennt, kennt auch das Restaurant „Speedys“. Ich aß dort einen Burger. Zugegeben, es wirkte einfach, das „Speedys“. Ordentlich, aber einfach. Der Burger war etwas zu kross, aber genießbar. An den Wänden hingen Fotos von Cumberbatch und Martin Freeman (Watson) während der Dreharbeiten. Ein schönes Gefühl dort zu essen, wo auch „sie“ aßen… Auch im Restaurant fanden sich Amerikaner, die sich vor „der“ Tür nebenan fotografierten. Ich bat darum, dass sie mich auch fotografierten, was sie auch taten. Fans unter sich sind einander in der Regel sehr freundlich gesonnen.

Big Ben und Scotland Yard

Ein Ziel, dass ich hatte als ich nach London kam, war es, jenes Scotland Yard – Gebäude zu finden, welches zur Zeit von Sherlock Holmes als das aktuelle galt. Man kann aber wirklich verwirrt werden, wenn man nach jenem Gebäude recherchiert. Als ich den Big Ben besuchte (einmal mit der Familie meiner Schwester, einmal alleine), wusste ich nicht, dass jenes Gebäude so dermaßen nahe gelegen war. Wenn man direkt vor dem hohen Turm des Big Ben steht, braucht man sich nur umzudrehen und geradeaus in die nächste Straße gehen. Auf der linken Seite findet es sich. Rechts sieht man direkt zur Themse, links zum alten, zum „Great Scotland Yard“. Das Gebäude ist groß, tatsächlich sind es mehrere, die miteinander verbunden sind. Ort: Victoria Embankment. Ich fand es leider nicht wirklich, nicht BEWUSST, meinte, es wäre jenes im Umbau befindliche Gebäude nahe Whitehall, eben in der Straße „Scotland Yard“. Aber das war der Vorgänger des beschriebenen , von mir gesuchten, „Yards“.

Aus Versehen das gesuchte Scotland Yard fotografiert….

Zufällig habe ich trotzdem ein Foto davon geschossen. Ich fand, dass es mich sehr an das gesuchte Gebäude erinnert, schloss aber aus, dass es dies auch wirklich sein könnte. Ich höre direkt Sherlock Holmes sagen: „Sie sehen, aber sie beobachten nicht, Wieprecht!“ Ja, mei… bin halt eher ein Watson, Holmes…

Ein Traum wurde wahr…

Als ich mich das erste Mal auf der Kensington Brücke befand, bemühte ich mich den Augenblick abzuspeichern. Nicht nur auf meiner Handy-Kamera, sondern vor Allem in meinem Gedächtnis. Ganz bewusst nahm ich das Plätschern und die leichten Wogen der Themse wahr, blickte immer wieder zum Regierungsgebäude, aus dem in dem Robert Downey Jr. Film „Sherlock Holmes“ (2009) in die Themse sprang, dann hinauf zum Big Ben und wieder zurück. Da stand ich, inmitten der Massen von Touristen, aber doch ganz alleine…. mein 16jähriges Ich, mein 46jähriges Ich…. da wurde mir klar, dass dies einer jener Momente im Leben ist, für die es sich zu leben lohnt. Ein Traum wurde wahr!

Und der Big Ben begann seine Melodie zu schlagen.

Nachwort

Einmal im Leben London sehen, das hatte ich mir so sehr gewünscht. Wie hätte ich wissen können, dass man sich in eine Stadt verlieben kann?

Natürlich: London hat für seine Einwohner auch dunkle Seiten. In keiner deutschen Stadt sah ich beispielsweise so viele Bettler auf den Straßen wie dort.

Aus meinem privilegiertem Blickwinkel habe ich diese Weltstadt genießen können. Die Kultur, die großartigen Bauwerke unterschiedlichster Epochen, der wahrhafte Atem der Historie, der die Stadt mehr umgibt als der wohl eher sagenhafte Londoner Nebel, den ich nie zu Gesicht bekam. Gleichzeitig ist es eine der modernsten Städte, die es gibt. Diese Verbindung ist einzigartig.

Für mich war jene Woche in London eine der schönsten Zeiten meines Lebens, was natürlich auch an meiner Begleitung – der Familie meiner Schwester – lag.

London ist für mich nunmehr der Inbegriff einer Sehnsucht.

Auf Wiedersehen, Big Ben!

Übrigens:

Für die alten YPS-Fans unter euch, die gerne basteln, noch ein heisser Tip: Hier könnt ihr euch den Bastelbogen des genannten Scotland Yard Gebäudes ausdrucken (ich empfehle stärkeres Papier): http://www.ypsfanpage.de/sonst/bastel.php?bogen=83

Die Ypsfanpage.de ist überhaupt empfehlenswert für alle Retro-Fans.

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