Sherlock Holmes – neuer Fall Nr. 55: Der Blütenmacher

Der Nachtexpress nach London wird überfallen. In ihm befindet sich auch Inspector Lestrade, der einen gefährlichen Sträfling überführen soll. Als der Beamte nach einem Schlag auf den Kopf wieder zu sich kommt, ist der Mörder geflohen und das Banknotenpapier, das für die Bank of England bestimmt war, geraubt. Holmes übernimmt den Fall. Zusammen mit Watson nimmt er die Spur einer Fälscherbande auf, die in London ihr Unwesen treibt. Um dem Drahtzieher der Bande auf die Schliche zu kommen, wird Watson in die Organisation eingeschleust. Doch dann geschieht ein entsetzlicher Mord und die Ereignisse eskalieren.

Der 55. Fall der „neuen Fälle“, in denen Christian Rode als Sherlock Holmes und Peter Groeger als Dr. Watson brillieren, präsentiert uns eine spannende Geschichte, in der ausgerechnet Watson Mitglied einer Geldfälscherbande werden muss.

Die Story ist logisch aufgebaut und ich empfand das gesamte, 62minütige Hörspiel als äußerst kurzweilig. Ein Glied der logischen Kette fügt sich in das Nächste. Holmes ist wieder einmal ganz er selbst, wie wir es von Christian Rode kennen und Peter Groegers Watson auch wieder einmal genießen zu dürfen, war mir eine große Freude.

(c) allscore, romantruhe.de - Der 55. neue Fall!

Lutz Harder bietet uns jenen integren Kriminalinspektor, den wir auch aus seiner eigenen Serie schon so gut kennen. Udo Schenk´s Stimme ist perfekt für die Rolle des kriminellen Charles Hartigan geschaffen. Aber auch Melanie Isakowitz und Nicolai Tegeler sprechen ihre Rollen passend als die Frau des Kunstlehrers, Julie Sommers, und ihren Mann, Cliff Sommers. Alle Sprecherinnen und Sprecher überzeugen. Musik und Effekte runden den guten Gesamteindruck ab.

Man könnte dem Hörspiel vorwerfen, etwas in der Art habe es sicher schon so oder ähnlich irgendwo gegeben, aber exakt dies sehe ich als Pluspunkt: Diese Story wirkt wie ein richtiger alter Krimi in der Art von Sir Conan Doyle. So reizvoll es auch sein mag, ungewöhnliche Hörspiele mit völlig unerwarteten Situationen und Verläufen zu hören, muss es manchmal einfach ein Krimi „vom alten Schlag“ sein, so wie es hier der Fall ist.

Sherlock Holmes, neue Fälle 55: Der Blütenmacher

Wassili Liwanow´s Sherlock Holmes auf DVD

Wassili Borissowitsch Liwanow wurde 1935 in Moskau geboren. Zwischen 1979 und 1986 erschienen fünf Filme mit ihm als Sherlock Holmes. Dr. Watson wurde von Witali Solomin gespielt (1941 – 2002).

Für seine Darstellung als Sherlock Holmes erhielt der russische Darsteller den „Order of the british empire“, einen Ritterorden, der für besondere Dienste im Bereich Wissenschaft und Kultur vergeben wird. Er ist der einzie Russe, dem diese Ehre zuteil wurde. Die Tochter von Sir Arthur Conan Doyle (Jean Conan Doyle) meinte einmal, ihr Vater würde die Holmes – Darstellung Livanows sicherlich gutheißen.

Pidax brachte die drei Doppel – Folgen auf DVD heraus, die aktuell mit deutscher Synchronstimme vorliegen:

Der Hund von Baskerville (1981), allseits bekannt und geschätzt…

Der Schatz der Agra (1983), der – im Gegensatz zu „Der Hund von Baskerville“ – neben dem Hauptfall (hier: „Das Zeichen der Vier“) auch noch „Ein Skandal in Böhmen“ in Szene setzt.

Sherlock Holmes im 20. Jahrhundert (1986) wiederum setzt das Schlusslicht der erfolgreichen Serie. Gleich vier Erzählungen fanden hier Eingang: „Der Daumen des ingenieurs“ (selten verfilmt!), „Der zweite Fleck“, „Die Bruce-Partington-Pläne“ und „Seine Abschiedsvorstellung“ (ebenfalls selten verfilmt).

Was wir nicht auf deutsch und somit bei Pidax zu sehen bekommen, da keine deutsche Synchronisation vorliegt, sind die Folgen:

Sherlock Holmes und Dr. Watson (1979), in dem die „Studie in Scharlachrot“ sowie „Das gefleckte Band“ verarbeitet wurden.

und

Die Abenteuer von Sherlock Holmes und Dr. Watson (1980). Hier wurden der Fall „Charles Augustus Milverton“, „Das letzte Problem“ und „Das leere Haus“ verwendet.

Aber wie gefielen mir die Verfilmungen? Ganz ehrlich gesagt gefallen sie mir „ganz gut bis recht gut“. Sie reichen meiner Ansicht nach keinesfalls an Jeremy Brett und Co. heran, dafür ist die Serie visuell zu sehr zwischen „ein wenig zu unenglisch“ und „offensichtlich russisch“ angesiedelt. Dann wieder ist es den Produzenten doch gelungen hier und da London aus den Mauern russischer Städte erstehen zu lassen. Man arbeitete z.B. mit Fotos des „Elizabeth Towers“ (Big Ben), um dann z.B. im Beispiel der Themse-Verfolgungsjagd in „Der Schatz der Agra“ einen sehr ähnlichen Fluss mit sehr ähnlichem Ufer zu zeigen. Eine „Fast Themse“. In der Verfilmung mit Jeremy Brett, die ja auch die 80er Jahre durchzog, konnten die Produzenten natürlich die echte Themse verwenden, was eindeutig ein Vorteil war. Auch sah der „Wilde“ (Tonga) im britischen Pendant eindeutig „wilder“ aus als der des russischen Vetters.

Liwanow als Sherlock Holmes im „Hund von Baskerville“ (c) Pidax

Die Personen verhalten sich, vom Temperament her, teils weniger „steif“ als man das von britischen oder sogar amerikanischen Verfilmungen kennt. Henry Baskerville z.B. wirkt wie die „Karikatur“ eines großspurigen Cowboys, den es nach England verschlagen hat. In „Der Schatz der Agra“ kommt es zu einem witzigen Moment, in dem sich Holmes verkleidet hat und Lestrade dies zunächst nicht bemerkt. Danach lachen sich alle Beteiligten beinahe „tot“, wobei Lestrade heftig gesikuliert. Er gestikuliert überhaupt ständig, wenn er spricht.

Die Spielfreude der Schauspieler ist dabei jedoch, trotz aller Befremdlichkeiten, offensichtlich. Alle sind mit Herzblut dabei! Sie haben auch keine Vorgänger, an denen sie sich unbedingt hätten messen müssen, wie das automatisch bei britischen oder amerikanischen Darstellern / Produktionen der Fall gewesen wäre. Nicht nur ließen sie sich merklich unbeeindruckt von schauspielerischen Vorgängern wie Basil Rathbone und Douglas Wilmer, es wurden auch mitunter weitgehend unverfilmte Geschichten produziert.

Die frischen Gesichter mit ihrem frischen Herangehen kommen mit einer Art „Unschuld“ daher. Am Ende könnten dies tatsächlich Holmes und Watson sein, denn sie sind ganz anders und gleichzeitig genau so wie in den Werken von Sir Arthur Conan Doyle. Die Reihe zeugt jedenfalls von Einfallsreichtum und einer ganz deutlichen Liebe zu den Originalwerken.

Solomin´s Dr. Watson hat einen eigenen Charme (c) Pidax

Es gibt auch einige Situationen, in denen Holmes – sei es wörtlich oder mittels gekonnter Kameraeinstellung samt Musik – als Held gefeiert wird und andere, in denen der Zusammenhalt von Holmes und Watson noch viel klarer im Vordergrund steht als selbst im literarischen Original. Gefragt, ob er bereit wäre aktiv zu werden, ggf. auch kriminell zu werden, steht er sofort parat, ohne Fragen zu stellen. Die beiden Darsteller spielen ihre tiefe Verbundenheit so überzeugend, dass ich davon ausgehe, dass sie sich auch im realen Leben sehr gut verstanden haben.

Das man verschiedene Originalgeschichten miteinander verwoben hat ist, meiner Meinung nach, eine geniale Idee. So wurden lange Filme gedreht, die aber doch keine Pastiches sein müssen, weil sie die Originale erzählen. Auch hat die Serie einen ganz eigenen Humor, etwa, wenn Mycroft Holmes zwischen lauter klingelnden Telefonen sitzt, die er – im Gespräch – abnimmt und wieder auflegt, weil er sich ja im Gespräch befindet.

Die Synchronisation, speziell vom „Hund von Baskerville“, ist teilweise nur schwer zu ertragen, was die Hintergrundkulisse und Geräusche angeht. Etwa wenn geschossen wird, Rauch aus der Pistole steigt, aber kein Knall zu hören war. Die verwendeten Hintergrundgeräusche bleiben minimal. Im Wohnzimmer hört man gemütlich eine Uhr ticken, aber nicht den Kamin mit seinen knisternden Holzscheiten und auch das absetzen eines Cognakglases ist nicht zu vernehmen. So hat man damals zuweilen „synchronisiert“, aber teils ist das schon gewöhnungsbedürftig.

Last but not least war es für mich – als langjährigen Fan – immer schon eine große Frage, was sich hinter der legendären Serie mit Wassili Liwanow und Witali Solomin, verbirgt. Pidax sei Dank können wir deutschen Fans nun die deutsche (DDR-)Synchronisation auf DVD erstehen. Niemals im Leben hätte ich geglaubt, dass ich das mal tun könnte.

Sich ein eigenes Bild der Filme zu machen rate ich jedem Sherlockian(er) im deutschsprachigen Gebiet an. Es ist auf jeden Fall eine interessante Erweiterung des Bildes von Mr. Sherlock Holmes, Baker Street 221B. Übrigens besuchte Liwanow die Original – Baker – Street! Im russichen TV wurde seinerzeit berichtet. Ein Bild vom Liwanow – Holmes vor der Tür des Sherlock Holmes Museums ist dort auch heute noch zu erstehen.

Die DVDs jedoch, von denen dir Rede ist, könnt ihr hier erhalten:

https://www.pidax-film.de/advanced_search_result.php?keywords=sherlock+holmes

Sherlock Holmes (Titania) – Folge 38 – Das Haus mit den Zwingern

Heute stelle ich euch mein erstes „Sherlock Holmes“ – Hörspiel aus dem Hause Titania vor. Obwohl… es ist nicht mein allererstes, dass ich kennenlerne, denn schon 2003 hörte ich damals das Hörspiel „Das Zeichen der Vier“ an. Ich konnte die Atmosphäre des Hörspiels mit einem Satz zusammenfassen: „Sherlock Holmes goes Hollywood“. Und so ist es bis heute geblieben, das kann ich jetzt schon sagen.

Der Grund dafür sind zunächst einmal die charismatischen Sprecher. Allen voran wären das Joachim Tennstedt als Sherlock Holmes und Detlev Bierstedt als Dr. Watson. Schon damals entstand vor meinem geistigen Auge das Bild eines John Malkovich als Sherlock Holmes, denn Tennstedt ist natürlich dessen Stamm – Synchronstimme. Der Watson ähnelte aus gleichem Grund – vor meinem geistigen Auge – stets einer Mischung von Jonathan Frakes (Riker in Star Trek: TNG) und George Clooney. Ja, Stimmen machen viel aus.

Damals wie heute brillieren die Hörspiele von Titania darüber hinaus mit einem äußerst passenden „Soundtrack“, gespielt auf zeitgenössischen Instrumenten wie Violine und Klavier.Um die Atmosphäre abzurunden wurden die Hörspiele mit vielen, schönen Effekten versehen. In der Wohnung der Baker Street hört man das brausende Kaminfeuer, aber auch kleine Geräusche, die man vernachlässigen könnte, hier das schieben eines Stuhls, dort das Faltgeräusch eines Papiers, Naturgeräusche im Freien, Glockenläuten etc. werden hier opulent zu Gehör gebracht.

Titania Medien werben auf ihrer Website damit, dass sie atmosphärische Hörspiele produzieren. Und genau so ist es auch. Auf der Atmosphäre liegen bei diesen Hörspielen ein Schwerpunkt. Schön für Leute wie mich, die sehr gerne beim hören eines Hörspiels die Augen schließen und sich dabei alles vorstellen, was geschieht.

In Hörspiel Nr. 38, „Das Haus mit den Zwingern“, wurden zudem auch die weiteren Stimmen liebevoll ausgesucht. So spricht Sigrid Burholder die Nancy Millingtom, eine junge Frau, die Holmes und Watson besucht, weil es in ihrem Ort seit einer Weile merkwürdig zugeht:

Die junge Miss Nancy Millington wird in der Baker Street 221b vorstellig, da sie sich Sorgen wegen ihrer neuen Nachbarn macht, welche nicht nur ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legen, sondern vor allem eine Reihe Hundezwinger mit höchst aggressiven Tieren auf dem weitläufigen Grundstück aufgestellt haben…

Der Fall verläuft äußerst interessant, aber für mich – als Wiedereinsteiger in diese Hörspiel-Serie,  dem das miteinander zwischen Holmes und Watson stets mindestens genau so wichtig war, wie die Genialität der Fälle und ihrer Klärung – fiel besonders auf, dass Tennstedt und Bierstedt hier eine neue Variante des befreundeten Gespanns abgeben. Ähnlich wie bei dem legendären Christian Rode – „Holmes“ und seinem Watson, Peter Groeger, entwickelten diese beiden Sprecher eine eigene Dynamik, einen eigenen Witz und eine eigene Art und Weise, Sherlock Holmes und Dr. Watson zu interpretieren. Dabei erinnert Watson in seiner etwas ungeschickten Art – wie auch seiner körperlichen Beschreibung… – eher dem Nigel Bruce aus den bekannten Universal – Verfilmungen aus den 40er – Jahren (mit Basil Rathbone als Sherlock Holmes), während der Holmes etwas menschlicher dargestellt wird als wir es von z.B. einem Jeremy Brett kennen.#

 

Ungewöhnlich offen ist er für die Probleme von Nancy Millington, noch bevor er weiß, wie interessant der Fall eigentlich wird. Aber das mag auch daran liegen, dass sie die Schwester eines alten Freundes ist. Das Holmes durchaus Freunde neben Watson hat – so unvorstellbar das manchmal ist – wissen wir spätestens aus dem „Ritual der Musgraves“. Seine gelegentlichen Seitenhiebe gegen die Fettleibigkeit seines Kumpanen sind eher untypisch, aber sorgen immerhin für einen Abschlußlacher.

In weiteren Rollen finden sich die angenehmen Stimmen von

Jean Paul Baeck als Tom Millington

Ursula Sieg als Mrs. Hamilton

Matthias Lühn als ihr Neffe

Thomas Balou martin als Italiener

Bert Stevens als Mr. Mr. Aymington und

Lutz Reichert als Inspektor Lestrade

Für das Hörspiel-Skript zeichen Herman Cyril McNeile und Marc Gruppe verantwortlich.

Zum atmosphärisch dichten Hörspiel passen auch die hübschen Zeichnungen auf dem Cover und dem Inlay. Die Cover-Illustartion stammt von Ertugrul Edirne und die Illustartion von Firutz Askin, das Layout entstammt der Kreativität von Doreen Enderlein.

Fazit: Mit „Das Haus mit den Zwingern“ konnte ich in eine atmosphärisch dichte, vertraute und doch neuartige Welt von Sherlock Holmes eintauchen. Tolle Stimmen, stilvolle Musik und eine spannende Geschichte entführten mich für eine Stunde in die Baker Street 221 B und aufs englische Land.

Gerne möchte ich wieder dorthin zurückkehren.

Hier findet ihr interessante Interviews mit Marc Gruppe u.a.:

Interessante Interviews mit Marc Gruppe u.a.

Hier könnt ihr euch einen Überblick über die bisherigen Hörspiele machen und sie euch auch bestellen:

Infos und Bestell-Möglichkeiten