Titania Medien GmbH: Grimms Märchen (12) – (m)ein Eindruck

Für gewöhnlich widme ich mich, was Hörspiele angeht, vorwiegend „Sherlock Holmes“. Gelegentlich sind es auch einmal die „drei ???“ und anderes. Jedoch fragte ich mich, wie wohl „Grimms Märchen“ und das „Gruselkabinett“ von Titania Medien so sind? Ich habe nämlich insgeheim ein gewisses Interesse an Legenden, Märchen und – ja – auch Gruselhörspiele (spätestens seit den 1980er Jahren, wo ich die EUROPA Gruselserie rauf- und runter gehört habe). Heute stelle ich euch mal „Grimms Märchen“ (12) vor bzw. erzähle, wie ich die CD so fand…

Peter Weis gibt hier den Erzähler. Als solcher ist er hier hervorragend besetzt. Meine Generation hat natürlich Hans Paetsch als Erzähler von Märchen im Ohr, den man nur schwerlich überbieten kann, aber: Peter Weis ist aber auch nicht schlecht! Er gibt dem erzählten einen frischen Anstrich, indem er den Hörer / die Hörerin mitfühlend und tief ins Geschehen eintauchend mit sich auf die Reise nimmt. Was mehr könnte man von einem Erzähler erwarten?

Diese CD ist bis zum Rand voll mit Märchen. Es ist nicht nur eine, sondern es sind gleich drei Märchen der Gebrüder Grimm, die da wären:

Das Wasser des Lebens

Katze und Maus in Gesellschaft

Der Bärenhäuter

Die Riege der Erzähler kann sich absolut sehen lassen. Große Namen wie Jürgen Thormann, Simon Jäger, Bodo Primus, Reinhilt Schneider, Regine Lamster und Eckart Dux sind nur einige, die ich hier nennen will. Hier vereinen sich Hörspiel – Legenden und etablierte Stimmen unserer Zeit.

Mich persönlich hat Simon Jäger, der hier die Vielfalt seiner Stimmlagen einsetzt, besonders erfreut – und Willi Röbke als Zwerg ist einfach herrlich. Ganz wundervoll gespielt. Es gibt jedoch viele schöne Momente in den Märchen, die ich hier nicht alle aufzählen möchte, um dem geneigten Hörer, der geneigten Hörerin, selbst das Vergnügen zu lassen, sich einen Eindruck zu verschaffen.

Effektvoll, wie man es auch von den „Sherlock Holmes“ Folgen der Titania Medien GmbH kennt, wird mit Hintergrundgeräuschen und atmosphärischer Musik nicht gespart. So sehr es Hörspiel vermag, wird die Fantasie dazu angeregt, sich die Landschaften und Charaktere selbst vorzustellen und dem (hoffentlich) märchenhaften Ende entgegen zu sehen. Wirklich schön gelungen ist übrigens auch Cover – Bild. Gehört ihr auch zu denen, die sich beim Hörspiel immer die Cover ansehen?

Wenn man Märchen mag, sollte man es wagen, hier zuzugreifen! Klare Kaufempfehlung!

Gewiss habe ich mir auch „Das Haar der Sklavin“ angehört, eine Folge aus dem Gruselkabinett von Titania Medien. Was ich darüber denke, werde ich in Kürze an dieser Stelle berichten.

Wer sich die genannte Märchen – CD kaufen möchte, kann dies unter Anderem hier tun:

Folge 012: Das Wasser des Lebens / Katze und Maus in Gesellschaft / Der Bärenhäuter

Der einsame Mann und die Waldfee

Es war einmal ein Mann, der hatte keine Frau. Da ging er in die Welt hinein, weil er eine Frau finden wollte. Er ging in die Stadt. In der Stadt sah er viele Frauen. Alle sprach er an und fragte sie, ob sie bereit wären, mit ihm zu leben bis an ihr Lebensende. Eine Frau sagte: „Wir können darüber reden, wenn du mir dein Geld gibst.“ Da ging er weiter. Die zweite sagte: „Ich werde bei dir bleiben, wenn du fortan nur noch rückwärts sprichst.“ Diese war so schön, dass er es versuchte, aber bald schon daran verzweifelte. Also trennte er sich auch von ihr. Die dritte Frau meinte, sie würde ihn nie lieben, aber bei ihm bleiben, wenn er wolle.

So ging es immer weiter. Er verlies bald verzweifelt die Stadt und zog ins Land. Auch hier begegnete er vielen Frauen. Die erste meinte: „Du kannst bei mir bleiben, wenn du jeden Tag um 3 Uhr aufstehst und bis spät abends arbeitest. Küssen freilich darfst du mich nicht, dafür ist keine Zeit!“ Die verlies er wieder, denn das Küssen war etwas, was er nicht würde missen mögen. Er zog weiter und sah eine, die sich in ihn verliebte, aber sie war ihm viel zu dick. Dann traf er eine, die viel zu alt war und so zog er verzweifelt weiter und kam in den tiefen, dunklen Wald.

Im unheimlichen Wald fühlte er sich gleich doppelt so einsam wie sonst. Da begegnete ihm eine Waldfee. Die Waldfee sagte: „Ich kann dir keine Frau backen, aber ich kann dir trotzdem helfen, wenn du mir drei Proben bestehst!“ „Also gut“, sagte er. „Nur her mit den Proben. Wo sind sie denn?“ Die Fee lachte und sagte: „Die erste Probe wird dich heute Nacht ereilen.“ Dann verschwand sie.

In der Nacht jedoch bekam der Mann Schüttelfrost und fühlte sich ganz krank. Er warf sich hin und her und klagte laut: „Hätte ich jetzt eine Frau, dann würde sie mich zudecken und mir einen heißen Tee machen!“ Da erschien, wie von Geisterhand, eine Decke und eine Kanne Wasser und Teekräuter und ein Teesieb jenseits eines Haufens Holz. Dabei lag auch noch eine Streichholzschachtel. Da stand der Mann schlotternd vor Kälte auf und setzte den Haufen mit dem Holz zusammen, machte sich ein schönes Feuer, nahm sich die Decke und goß sich den Tee auf. Als er den ersten Schluck tat – und sich plötzlich wieder ganz gesund fühlte – erschien die Fee und sagte: „Gut gemacht! Morgen folgt die nächste Prüfung!“

Am nächsten Tag begegnete er einem alten Mann, der mit seinem Pferdekarren durch das Land zog. Als dieser an ihm vorbei ratterte, hielt er an und sagte: „Hey, Du. Bist du nicht der Sohn von der alten Mutter, die oben am Bach wohnt?“ „Ja“, sagte er. „Warum sagst du das?“ Da kratzte sich der am Kopf und sagte: „Weil deine Mutter gestorben ist. Gestern erst. Ich dachte, ich sage es dir lieber.“ Dann ratterte er mit seinem Wagen weiter. Doch der Mann blieb da stehen und er wurde so traurig, dass er sich auf einen Stein setzen musste. Sein Herz wurde schwer und er begann zu weinen. „Wenn ich jetzt eine Frau hätte“, sagte er, „dann würde sie mich in den Arm nehmen und trösten.“ Plötzlich – auch, wenn es ihm seltsam vorkam – umarmte er sich selbst mit seinen Armen und in seinem Innersten hörte er die Stimme seines Herzens, die ihm sagte: „Sei nicht arm, du Lieber, alles wird gut!“ Und der Verstand sagte ihm: „Am Bach, da leben viele alte Mütterchen. Warte es doch erstmal ab, ob es wirklich dien Mütterchen ist.“ Da ging es ihm schon etwas besser. Die Fee erschien und nickte. „Gut gemacht. Morgen nun wird die letzte Probe folgen.“

Am nächsten Tag, da fand er den Weg hinaus aus dem Wald, doch der Weg wurde immer matschiger. Zu spät merkte er, dass er sich im Sumpf verloren hatte. Bald schon sackte er tief hinein und nur noch sein Kopf schaute heraus als er in der Ferne ein paar Leute sah. Er dachte noch: „Ach, wenn ich jetzt eine Frau hätte, dann könnte sie mich hinaus ziehen“ als er begann um Hilfe zu rufen. Die Leute merkten ihn und schoben ihm einen Ast zu und zogen ihn aus dem Sumpf. Die Fee erschien ihm abermals, aber nur er konnte sie sehen, und zwinkerte ihm zu. „Nun ist es egal, ob du eine Frau findest, denn du kannst dich um dich kümmern. Du kannst dich versorgen und trösten und auch um Hilfe bitten, wenn du sie brauchst. Das ist mein Geschenk an dich.“

Über diese Worte dachte der Mann noch lange nach als er sich auf den Weg zu seiner Mutter gemacht hatte, die übrigens tatsächlich noch lebte. Es war wirklich ein schönes Geschenk gewesen zu erkennen, wie er sich so um sich kümmern konnte.

Völlig unerwartet begegnete er dann auch bald seiner Frau. Als er ihr von den wundersamen Proben der Waldfee berichtete, musste sie lachen, denn auch sie hatte alle bestehen müssen, ehe sie ihn traf.

Sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende, aber vielleicht leben sie auch heute noch.

Nostalgia oder: Nicht die letzte Erinnerung an Aschenbrödel

Unser Leben ist schneller geworden, hektischer. Durch den Segen unserer Smartphones sind wir stets verfügbar, auf Abruf. Früher hat man Leute mit „Pieper“ teils bedauert, weil sie keine richtige Ruhe finden konnten. Heute haben wir alle einen. Für ständige Ablenkung ist gesorgt. Facebook? Mails? Spiele? Amazon? Was immer es ist, wie gut auch die Internetverbindung gerade ist, „wir“ sind auf jeden Fall online. Ständig.

Gleichzeitig sind die Straßen von tausenden von Autos gefüllt und die Mentalität der Menschen entspricht mehr denn je dem Lied von Herman van Veen, welches er einmal sang: „Schnell weg da, weg da, weg!“

Der Holländer hat schon in den 70iger Jahren die ständige Eile, das ständige besser und schneller sein, kritisiert.

Dabei ist es natürlich nicht die Zeit, die schneller wird, sondern das, was wir in diese Zeit quetschen wollen.

Wer über das „Jetzt“ meditiert, einfach mal mit seiner Aufmerksamkeit im „Hier und Jetzt“ verweilt, wirkt wie ein altes Überbleibsel aus einer Zeit, in der man wohl eben mehr Zeit hatte.

In so einer Zeit wurde ich groß. 1969 geboren geriet ich gerade noch so in die Vor-Digitale Zeit. Was „wir“ damals mit unserer Zeit anfingen, kann ich nicht sagen. Aber natürlich, was ich damals damit anfing. Als Kind hatte ich viel Fantasie und viele meiner Freunde auch (wenn sie mal Zeit hatten, was immer schwierig war). Aber egal ob alleine zuhause Fantasiegebäude aus Lego erzeugt wurden, der Spielplatz zu Brücke und Planeten einer neuen „Raumschiff Enterprise“ – Folge wurde (oder der Wald zu einem „Mondbasis Alpha“ – Planeten), wir waren viel draußen. Lebten in gewisser Weise viel im hier und jetzt.

Ich habe zwei Söhne, habe ihre Grundschulzeit begleitet und bemerkt, wie selbst dort die Leistung im Vergleich zu damals anzog. Gerade aus dem Kindergarten gepurzelt mussten sie ihre Hausaufgaben selbst organisieren. Nicht als Versuch, sondern als zu benotende Fähigkeit. Richard David Precht bemengelte es schon viel umfassender als ich es könnte: Unser Schulsystem basiert auf Angst. Angst vor schlechten Noten, Angst davor auf der Strecke zu bleiben – speziell im Vergleich zu anderen. Das „sich mit anderen vergleichen“ führt einen jedoch von sich selbst weg, was – wie Psychologen wissen – eine Voraussetzung für Ängste, Minderwertigkeitsgefühlen und mehr werden kann.

Warum ich das alles schreibe ist etwas ganz Anderes. Ich fand eine Musik aus meiner Kindheit. Die Musik von Karel Svoboda zu dem (Vorweihnachts-)Kultmärchen „Drei Nüsse für Aschenbrödel“. Als ich diese Musik hörte, erwachte (nicht zum ersten Mal in meinem Leben) wieder einmal die Begeisterung für jene tschechischen Märchen!

Das zarte Stück, welches „Aschenbrödel“ bezeichnet, die triumphalen Klänge rund um den Hofstaat mit König und Königin sowie Prinzen an der Spitze… einfach herrlich! Das brachte mich dazu, wieder einmal die erste Folge der Serie „Die Märchenbraut“ zu sehen, in der – wie auch im Aschenbrödel – Vladimir Mensik (1929 – 1988) – eine wichtige Rolle spielt. Diese Filme haben Witz und Fantasie, aber vor Allem ein Herz für Kinder im besten Sinne. Auch ein Herz für die Kinder, die wir einmal waren übrigens.

Als ich mich damit befasste, dachte ich nicht nur daran, wie ich diese Filme als Kind sah, ich sah mich auch gleich vor meinem geistigen Auge im „Vor-Klimawandel“-Winter spielen. Dick eingepackt im hohen Schnee mit meinen Freunden wie verrückt spielen, durchnässt nach Hause kommend, mit roten Wangen und triefender Nase. Es war herrlich! Die Erinnerung an meine Kindheit, die ohne Smartphone und PS4 ablief, bringt mir auch heute noch, ein Gefühl für das „im Moment“ sein. Ein äußerst gesundes Gefühl, das sich wirklich gut anfühlt.

Kein „weg da, weg da, weg!“

Gut so!