Erste Vorweihnachtsgedanken 2020: Eine Retro-Spektive

Die Vorweihnachtszeiten meiner Kindheit waren Zeiten voller Geheimnisse. Einerseits wusste niemand so gut wie meine Mutter, wie man ein gutes Weihnachtsfest feiert, unterstützt durch meinen unermüdlichen Vater, der das Geld dafür erwirtschafte. Es lag meiner Ansicht nach auch der Zeit in der ich Kind war.

Da ich 1969 geboren wurde kann ich wohl sagen, dass ich das Leben und Streben um mich herum etwa ab Mitte der 1970er Jahre bewusst wahrnahm. Die Sesamstraße war damals anders! Es gab amerikanische Folgen zu sehen, die man synchronisiert hatte. Ich mochte das. Es war – ganz nebenbei – vielleicht das Beste, was das deutsche TV damals gegen Rassismus tun konnte, denn in der Sesamstraße lebten Farbige und Weiße und Muppets friedlich beieinander. Irgendein wirrer Pädagoge kam aber später zu der Ansicht, die Sesamstraße für deutsche Kinder müsse anders sein. Deutscher vielleicht?

Mitte der 1970er hatten wir Eltern, die zumeist schlimme Zeiten im Krieg erlebt hatten – und sei es, selbst als Kind. Die Wirtschaft florierte, aber es gab noch nicht den Massenkonsum von 2020. Es gab noch keine Smartphones, kein Youtube, das dauernd von Werbung unterbrochen wird, keine Kinder-Sender, die dauernd von Werbung unterbrochen werden. Das Kind als Zielgruppe für Spielzeug wurde noch ein wenig geschont – im Vergleich zu heutigen Maßstäben.

Spielzeugwerbung – und klar, als Kind war eines der aufregendsten Dinge an „Weihnachten“ das Spielzeug, das man vielleicht als Geschenk bekäme, wenn man Glück hatte – war äußerst selten. Wenn sie kam, wurde in sehr kurzen Stop-Motion-Animationen gezeigt, was für tolle Abenteuer mit dem Spielzeug XYZ erleben konnte. Diese seltene Werbung wurde in den ZDF – Werbeblöcken beispielsweise gezeigt. Weil sie so selten war, wurde es für mich als kleines Kind ein kleines Highlight, wenn ich da z.B. den von mir gewünschten Jeep von BIG JIM oder das Piratenschiff von Playmobil erspähen konnte. Weniger war mehr, denn heute sind selbst Kinder häufig von der noch so interessantesten Werbung genervt. Sie wurden längst zum Zahnrad im Getriebe der Wirtschaft. Damals lief das alles viel subtiler, weniger aufdringlich und aggressiv als heute.

Und dann der Schnee! Der oft noch verleugnete Klimawandel war damals noch nicht spürbar. Die Winter schenkten uns jedes Jahr verschneite Tage. Mit „verschneiten Tagen“ meine ich kein kurzes Gestöber, sondern lange Schneeschauer, die das Land bedeckten und für „Türme“ an den Straßenrändern sorgten. Natürlich fuhren wir Kinder dann auch unermüdlich Schlitten. Wenn ich zurückdenke, ist es für mich nur schwer nachvollziehbar, wie unendlich oft ich immer wieder meinen Schlitten den Berg hochzog, nur, um dann wieder herunterzufahren. Aber ich war beileibe nicht der Einzige. Die Kinder der ganzen Nachbarschaft taten es mir gleich (oder ich ihnen). Und wie unendlich gut schmeckte dann ein heißer Kakao, wenn man – nach hereinbrechender Dunkelheit, nass und kalt – wieder heimkehrte!

Der Winter hatte noch sehr viel mehr „verzauberte“ Seiten. Erst viele Jahre später erkannte ich, dass die Welt, wenn sie einschneit, plötzlich künstlerisch wirkt. Sauber, verträumt, märchenhaft.

Kein Wunder, dass „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ damals unsere Gemüter erwärmte, denn wir wussten ja, wie es ist, im Schnee zu toben und viele träumten vielleicht auch davon im selbigen Element durch einen Wald zu reiten und Abenteuer zu erleben… Aber Märchen gab es in dieser Zeit sowieso regelmässig. So wuchs ich mit dem „Fernsehen der DDR“ auf. Für mich war das keine Bezeichnung, die mich an irgendeine Trennung von Deutschland erinnert hätte. Ich gehörte zu einer der ersten Generationen, für die das „normal“ war, dass Deutschland zwei Teile hatte. Und ich wusste, dass es da immer die tollen Märchen gab. Russische, verrückte und spannende Märchen, aber auch „Pan Tau“ und Co.

Zurück zum Spielzeug. In den Spielzeugläden, die es lange, lange Zeit vor „Amazon“ gab, erstreckte sich seinerzeit ein „Paradies für Kinder“. Das lag daran, dass das Spielzeug von damals – aus der Sicht heutiger Kinder wohl „nicht perfekt“ – für uns perfekt und aufregend war!

Spiele wie „Tödliches Dreieck“, (später) Scotland Yard, Cluedo… Hier wurden Legenden geschaffen, auf denen sich noch heute viele Spielkonzepte orientieren! Playmobil, auch in meinem Blog oft besprochen, war damals noch ganz neu, BIG JIM – leider nur von kurzer Lebensdauer – prägte unsere Generation teilweise so sehr, dass die alten „Puppen für Jungs“ auf Ebay  und Co. noch heute für horrende Preise gehandelt werden. Ich meine, auch da waren es Pädagogen, die meinte, Puppen für Jungs, das ginge nicht… Wie sehr doch Pädagogik ein Kind seiner Zeit ist!

Obschon ich heute selbst fasziniert von Playstation – Spielen und VR-Technologie bin, regelmässig Spiele „zocke“, von denen damals nicht einmal zu träumen war, bin ich doch froh, dass wir damals noch Spielzeug hatten, dass man „in die Hand nehmen“ konnte, dass die eigene Fantasie „ankurbelte“. Damals – beim spielen –  begann ich mir Geschichten auszudenken. Das war sehr schön und legte möglicherweise die Voraussetzung dafür, dass ich mir noch heute immer wieder gerne Geschichten ausdenke… Schon allein die Ästhetik jener Spielsachen damals bezauberte mit ihrer Kinder ansprechenden Einfachheit, die doch alles besaß, was nötig war.

Nun aber doch noch einmal zurück zum TV-Programm. Ganz stark waren damals die „Advents – Vierteiler“. Da dachte noch irgendein Programm-Chef beim Fernsehen daran, in der Vorweihnachtszeit ein Programm für die ganze Familie zu bringen! Und so sahen wir Stevensons „Schatzinsel“, „Der Seewolf“ und Co., stets am adventlichen Kaffeetisch an jedem einzelnen Advent und fieberten gemeinsam dem Finale jener verfilmten Weltliteratur entgegen.

Wir warten auf das Christkind“ war eine Sendung, die stets am 24.12. lief. Ich erinnere mich kaum daran, vielleicht noch an die „Buresch – Serien“ „Emm wie Meikel“, „Hase Cäsar“, Plumpaquatsch und Co. Ich liebte dieser Serien sowohl vor als auch während und nach der Weihnachtszeit. Diese Serien sprachen Kinder als Kinder an. Es ist zwar einerseits schön, dass man heute das enorme Potential in den Kindern fördert, dass in früheren Generationen mißachtet, ja, unterdrückt wurde, aber die Schattenseite ist sicher, dass Kinder heute gesellschaftlich mehr Druck ausgesetzt sind, sich beweisen und ihre Besonderheit präsentieren zu müssen. Wenn ich früher den Hasen Cäsar sah, musste ich nicht lernen, wie z.B. ein Atomkraftwerk funktioniert, sondern konnte einfach Kind sein. Peter Lustig mochte ich trotzdem 😉

Wie Weihnachten in meiner Familie ablief ist ein Thema für sich. Schön war es auf jeden Fall und ritualisiert. Vielleicht etwas für einen anderen, weiteren Text.

Als Fazit kann ich sagen, dass es damals weniger konsumorientiert abging. Der Konsum war – im Gegensatz zu heute – noch gezähmter und ich habe als Erwachsener und Vater heute den Eindruck, früher konnte man unbesorgter und von der Wirtschaft kaum adressiert, als Kind aufwachsen – in einer Welt, die noch ein wenig normaler war als heute.  Oder, naja, wenigstens durfte man die Welt als Kind verklärter sehen und seinen Welpenschutz leben, wenn man die richtigen Eltern dazu hatte. Da hatte ich ziemlich Glück 🙂

Petrocelli – Eine Retro – Krimiserie auf DVD

Mein Vater war ein großer Fan vieler Krimiserien. Detektiv Rockford, Conan, Inspektor Colombo, Kojak, Starsky und Hutch und Konsorten waren regelmäßig Gast auf unserem zunächst noch – bis Anfang der 80iger Jahre – „schwarz weiß“ TV Gerät. Übrigens: Ohne Fernbedienung! Auch das kam erst später.

Während jedoch die Erstgenannten fast alle noch hin und wieder auf verlorenen Sendeplätzen zu sehen sind, weiß von Petrocelli heute niemand mehr etwas. Meine Kinder reagierten auf Petrocelli als würde ich ihnen ein neues Gemüse vorstellen. Traurig, traurig. Höchste Zeit, sich die Serie einmal wieder anzusehen. Aber wo? Aber wie?

Glücklicherweise erschienen die ersten zwei Staffeln auf DVD in aufbereiteter Bildqualität, die sich sehen lassen kann. Zwar ist der Ton – wie damals – in Mono, aber das stört gar nicht.

Der Charme der Serie ist sicherlich ein Pluspunkt „oben drauf“. Es ist eine echte 70iger Jahre Serie. Die Mode, der Humor, ja, auch das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau ist hier „70iger Jahre“. Rührend anzusehen, wie seine Ehefrau sich sofort dran macht, ihr bescheidenes Heim (ein Wohnwagen) gründlich zu säubern, neue Decken zu kaufen etc., damit die aus Italien kommende Mutter von „Tony“ Petrocelli auch einen guten Eindruck bekommt. Nachdenklich – in Sachen „Rollenverständnis – mag stimmen, dass die Darstellerin von Maggie Petrocelli (Susan Howard) durchaus attraktiv daher kommt, aber weniger „perfekt“ aussieht als die TV – Frauen unserer Tage: Im gleichen Maße, wie die Gleichberechtigung in den Handlungen beliebter Serien wie „Star Trek – Discovery“ etc. Einzug hielt, präsentieren doch gerade moderne Serien auch ein weibliches Schönheitsideal, dass weitestgehend unerreichbar oder sogar ungesund ist. Damals war das noch anders. Das nur am Rande.

Petrocelli – das ist zum Einen eine Reihe von Fällen, in denen er sich selbst als Anwalt beinahe hoffnungslosen Fällen widmet. Meist – aber nicht immer – handelt es sich um zu Unrecht beschuldigte hübsche Frauen. Dabei muss er als Anwalt wahre Detektivarbeit leisten und manchmal überführt er sogar seine eigene Klientin / seinen eigenen Klienten, die / der nur halbherzig mit der Wahrheit umging.

Zum Anderen geht es aber auch um Petrocelli selbst. Seine junge Frau und er wollen sich– so beginnt die Serie – eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Er verdient wenig und will sich erst einen Namen machen. Aufs „Land“ gezogen ist er, weil er in der Großstadt zu große Konkurrenz hat. Das er Harvard – Student war beeindruckt manche, andere werden davon eher abgestoßen. Überhaupt ist das Völkchen in der Gegend in die er gezogen ist teils sehr eigenwillig, was sich immerhin etwas ändert, nachdem er sich einen Namen als guter Anwalt gemacht hat. Obwohl die Serie in den 70igern spielt, erinnert sie in manchen Teilen an alte Western, in denen es nur einen gibt, der an das Recht glaubt, während alle anderen bestechlich sind.

Dabei ist jede Folge etwas anders. Beispielsweise in der Episode „Unschuldig schuldig“ haben wir es mit einer psychisch kranken Frau zu tun, die nicht bestreitet ihren Mann getötet zu haben. Doch wie kan Petrocelli ihr helfen? Sie kann sich ja nicht mal an alles erinnern. Die Folge ist drastisch und erinnert ganz entfernt an „Hitchcock“.

Was in allen Folgen gleich ist: Der jeweilige Tathergang wird aus verschiedenen Perspektiven gezeigt, was den Zuschauer unmittelbar am Wahrheitsfindungs – Prozess beteiligt. Erinnert etwas an „Die letzten Jedi“, aber das nur am Rande. Dabei scheint am Anfang die Schuld des Angeklagten ganz sicher und unbestreitbar zu sein. Darin liegt der eigentliche Reiz der Folgen.

In „Tod eines Freundes“ trifft Star Trek auf Star Wars: Hier spielt William Shatner den Angeklagten, Adam North und Harrison Ford hat eine Nebenrolle inne, einen Freund des Ermordeten. Außerdem spielt Dana Elcar Petrocellis Gegenspieler vor Gericht. Er ist u.a. bekannt aus „Matlock“, „2010 – das Jahr in dem wir Kontakt aufnehmen“ und Knight Rider.

Die Hauptpersonen der Serie, Anthony J. Petrocelli (Barry Newman), Maggie Petrocelli (Susan Howard) und ihr Gehilfe Pete Ritter (Albert Salmi) bilden eine eigentümliche, familiäre Einheit. Die Fälle machen Spaß, die Hauptpersonen werden zur TV – Familie, an der wir dank DVD nun in 44 Folgen, teilhaben dürfen.

Der Preis pro Staffel liegt bei rund 30 EUR

https://www.amazon.de/Petrocelli-Staffel-1-7-DVDs/dp/B01LW9H6K3

Petrocelli  (c) Alive-ag.de

P.S.: Nicht PetroSELLI, PetroCELLI! 😉