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Ist dies nun eigentlich „unser“ Star Trek oder ist es das nicht? Nachdem ich die aktuelle und vorerst (bis Januar) letzte Episode von „Star Trek: Discovery“ gesehen habe, bin ich nachdenklich geworden. Ich habe der neuen Serie von Anfang an eine faire Chance gegeben. Gerne wäre ich nun enthusiastisch oder völlig abgetörnt, aber ich bin unschlüssig. Spoiler, da ich die letzte Folge gesehen habe!
Wir haben die original Zeitlinie von unserem ersten Captain Kirk, wir haben überzeugende, spannende, wohl durchdachte Charaktere und überhaupt scheint alles an dieser Serie wohl durchdacht zu sein. Nichts wurde dem Zufall überlassen.
Die Idee eines superschnellen Schiffs, in dem eine Schwachstelle – das notwendige Mißbrauchen eines lebenden Wesens (sei es Stamets oder der Tardigrad) – eingebaut ist, verschaffte der „Discovery“ ein Alleinstellungsmerkmal, enthob sie den „langweiligen“ „Warp-Regeln“ und sorgte gleichzeitig für eine gute, moralische Erklärung, warum eben dieser Sporenantrieb in Zukunft nicht mehr machbar sein wird. Alles, was auf dem Schiff zu modern aussieht – für diese Zeitlinie – kann damit erklärt werden, dass es eben das SUPERschiff der Föderation ist. Damit hebt sich das Raumschiff so sehr von dem uns bekannten Star Trek ab, dass es optisch nur noch aufgrund von Warp-Gondeln und dreieckigen Abzeichen klar als „Star Trek“ erkennbar ist.
Das Design ist gefällig, aber leider auch weit weg von dem, was wir aus TOS kennen. Wird es hier die angekündigte Annäherung an das alte Design geben? Wie sollte das machbar sein? Wir dürfen gespannt bleiben, ob wir bald einen Captain mit gelbem Oberteil zu sehen bekommen werden. Ich wünschte es mir, denn im Moment kann ich mir zwar gut vorstellen, dass diese Serie eine optisch überzeugende Fortsetzung des ENT – Designs ist, aber nicht das angemessene Design vor TOS. Eine Herausforderung, mit der jedes Star Trek Prequel kämpfen muss.
Nun definiert sich „Star Trek“ über weit mehr als nur über das optische und eine Auffrischungskur seit den „wilden 60iger – Jahren“ musste natürlich sein. Wie sieht es aber mit Inhalten aus?
Der Captain ist unmoralisch. Er hat sein eigenes psychisches Problem. Sollte es eines Tages gelöst werden, wird er eine gewaltige Charakterentwicklung durchmachen (können). Bis dahin ist er gewissenlos und lässt gerne auch mal einzelne Crewmitglieder vor die Hunde gehen, wenn er nur sein Ziel erreicht, nie all zu viele Crewmitglieder zu verlieren, wie es ihm ja schon mal „passiert“ ist, wobei er auch da selbst die Verantwortung trägt. Er wollte seine ehemalige Crew nicht den Feinden überlassen und initiierte die Selbstzerstörung, wobei er – als Captain – nicht als Letzter sein Schiff verlies. Ja, ein in der Tat unmoralischer Captain mit fragwürdigen Methoden und Motiven. Aber verbissen, das ist er mit Sicherheit. Kein Captain, dem man vertrauen kann, was neu ist in einer Star Trek Serie. Solche Führungsoffiziere kamen sonst immer nur in Nebenhandlungen vor.
Aber um die Farbe „weiß“ sehen zu können, bedarf es „schwarz“ und so sorgt dieser merkwürdige Captain dafür, dass all das Gute, für das Burnham letztlich steht, die hier eine recht objektive Beobachterin ist, aufgrund dieses Mannes erst recht ins Gewicht fällt und ins Licht gerückt wird. Die Unmoralischen sind immer das Salz in der Suppe einer jeden Geschichte, besonders einer moralischen! Wäre sein Befehl, aus dem Tardigralen eine Waffe zu machen (im sprichwörtlichen Sinne) nicht gewesen, hätte Burnham nicht auf die wahre Natur und letztlich auch das Leiden des Wesens aufmerksam machen können. Sie wird sich ihm noch oft widersetzen und seine Entscheidungen in Frage stellen, wie ich das beurteile. Was sie alleine nie wieder machen wird ist zu meutern, denn „das letzte Mal“ sitzt ihr immer noch sehr in den Knochen. Es würde mich nicht wundern, wenn ihr natürlicher Mut und ihre loyale Einstellung sie zum Captain werden lassen, wenn Lorca abtritt, sei es nun indem er stirbt oder indem er sich einer (nötigen) Therapie unterzieht.
„Star Trek: Discovery“ ist eine spannende Serie mit tollen, komplexen Charakteren. Wenn ich in einem Punkt nach der ersten Season-Hälfte sicher bin, dann in diesem.
Aber ist es „Star Trek“?
Daran werden sich noch oft die Geister scheiden. Für jeden Fan ist Star Trek etwas anderes. Der eine findet, es muss sein wie TOS, der andere wie TNG, DS9 oder Voyager oder auch ENT. Vielleicht muss es auch sein wie die Filme der Kelvin-Zeitlinie?
Da sind die Macher von „Discovery“ gut beraten, es eben nicht jedem Recht machen zu wollen, denn das würde daneben gehen und genau das scheint ihnen klar zu sein! Die Überzeugung, das Selbstvertrauen des kreativen Teams hinter der Serie schimmert immer wieder durch die einzelnen Episoden durch, in denen die Handlung kompromisslos voran schreitet.
Rick Berman hat so eine klare Haltung meines Erachtens nach nur selten oder nie gehabt, wollte im TV wie – noch viel mehr – im Kino stets „Everybody´s Darling“ sein. Während beispielsweise das Star Wars Genre 100% zu dem steht, was es ist, versuchte Berman in seinen späteren Star Trek Serien und besonders in seinen Kinofilmen, Filme für „jedermann“ zu schaffen. Eine Philosophie, die Paramount leider noch immer verfolgt, weshalb dann spannende, teure Filme entstehen, denen man aber anmerkt, dass sie sich scheinbar etwas dafür „schämen“, „Star Trek“ zu sein. Die Handlungen müssen halt immer jedem gefallen und zu viel Philosophie oder Tiefe ist nicht gefragt. „Star Trek“ im Kino soll vor Allem Sommer-Popcorn-Kino sein. Auch nett, aber wie viel mehr könnte Paramount schaffen, wenn sie es mal mit etwas ernsterer „Trek-SciFi“ versuchen würden?! Zeit wurde es für ein Star Trek im TV mit mehr Tiefe und Entwicklung, mit mehr Potential.
In der letzten Folge, „Into the Forest I go…“, wird eine wesentliche Richtungsänderung angedeutet. Stamets wurde von Captain Lorca angedeutet, dass durch die „Sporen-Sprünge“ deutlich wurde, wie unendlich viele Möglichkeiten die Galaxis zum Erforschen bietet. Ja, es mag nach dem Krieg die uns so bekannte Suche nach fremdem Leben liegen, die ein wesentlicher Teil der Sternenflotten – Missionen und von Star Trek selber ist – oder sein sollte: Nach TNG gab es vergleichsweise wenig Suche nach außerirdischen Lebensformen! „Kann sich noch jemand an die Zeit erinnern als wir noch Forscher waren?“ fragte Jean-Luc Picard ganz zurecht in „Insurrection“ (Der Aufstand). Forschung schien dem Publikum (uns?) allerdings stets zu bieder zu sein, so dass die Serien, die diese hätten zeigen können in der Regel mit Kriegen und dergleichen daher kamen. Zuletzt geschehen in der unterschätzen Serie ENT, die abgesetzt wurde als sie so richtig gut wurde (wobei ich auch Staffel 1 ansprechend fand…).
Kleiner Diskurs: Das Zitat, welches im Titel der vorerst letzten Folge von Discovery angedeutet wird stammt übrigens von dem US-amerikanischen Naturphilosophen John Muir und heißt komplett: “And into the forest I go, to lose my mind and find my soul.“ Bezogen ist es sicherlich auf Stamets, der nun möglicherweise wahnsinnig ist, aber seine Seele gefunden haben mag, was immer das konkret bedeutet. Aber es könnte auch auf Tyler oder Burnham bezogen sein, die sich ihren eigenen Herausforderungen stellen müssen als sie auf das Klingonenschiff beamen und dort Tyler seine ehemalige Folterknechtin vorfindet, auf die er sich einlies, um bessere Karten zu haben. Jedoch nicht, ohne dabei seelische Narben von sich zu tragen.
Sollte die Richtung nun also langsam in die Richtun „Erforschung“ gehen, dann könnte sich auch bei mir allmählich ein stärkeres Gefühl von „Star Trek“ einstellen.
Dass die Serie Potential hat, war ja schon nach dem Pilotfilm klar. Nun ist es nur die Frage, ob dieses auch ausgeschöpft wird. Sollte das passieren, wird „Discovery“ noch viel besser werden, denke ich.
Erleichtert aufatmen können wir, weil sich „Discovery“ als zumindest gut herausgestellt hat. Aber die Spannung bleibt noch etwas erhalten, denn noch hat sich die Crew und die Handlung nicht ganz – bei mir zumindest – ins Herz gespielt. Aber sie ist auf dem Weg dorthin, das ist mal sicher.
Ab dem 8. Januar ab 9 Uhr wird die nächste Folge bei Netflix bereitstehen.