Inspector Lestrade Fall 14: Die Tode des Adrian Abernethy

Als sich Adrian Abernethy das Leben nimmt, scheinen seine Gemahlin und die Töchter beinahe erleichtert zu sein. Wenig verwunderlich, hatte sich doch der erfolgreiche Unternehmer nach dem gewaltsamen Tode seines Bruders immer mehr zu einem tyrannischen Zerrbild seiner selbst gewandelt. Niemand im Hause Abernethy blieb davon verschont. Aber so nachvollziehbar die Gefühle der Hinterbliebenen auch scheinen, Lestrade und Dash haben das seltsame Gefühl, dass mehr hinter der Sache steckt. Und ihre Ahnung soll sie nicht täuschen…

Es deutete sich schon länger an, dass sich die Lestrade Hörspielserie von der „Sherlock Holmes“ Reihe völlig emanzipieren würde. Dieser Schritt ist nun gelungen. Dieser Fall findet wohl etwa zur Zeit des ersten Weltkriegs statt, wie man durch eine beiläufige Bemerkung von Comissioner Hawksley (Bodo Wolf) erfährt. Somit haben wir (längst) das viktorianische Zeitalter verlassen. Obwohl Holmes in der erst kürzlich erschienen Sherlock Holmes („neue Fälle“) – Folge 51 („Ein Schilling für den Tod“) dem Inspector begegnete, sprach er an anderer Stelle von Holmes (in der „Lestrade“-Reihe) bereits in der Vergangenheit.

Aber nicht nur zeitlich hat sich die Serie „freigeschwommen“. Auch inhaltlich. Das Ensemble an Mitarbeitern rund um Inspector Lestrade (Lutz Harder) ist ein eingespieltes Team. Inspector Dash (Michael Pink) steht dem Inspector als direkter „Assistent“ zur Seite, Dr. Thomas Lovell (Jörg Hengstler), der die Leichen nach unappetitlichen Ungewöhnlichkeiten untersucht und McKinstry (Tino Kießling). Ich frage mich manchmal, wie die Original – Sherlock Holmes – Fälle aus Sicht DIESES Lestrade beschrieben worden wären.

Der Fall lebt sich nicht nur in Bezug auf abscheuliche Details der Verstorbenen aus, es gibt nun auch mindestens ein „FSK 12“, was die Erotik angeht, so viel sei verraten. Natürlich nur kurz und andeutungsweise, aber vielleicht ist das ja auch richtungsweisend? Wir werden es erleben.

So haben wir hier ein recht „erwachsenes“ Hörspiel, jedenfalls nichts, was man seinen Kindern zum Einschlafen geben sollte, das zudem Anfang des 20. Jahrhunderts handelt. Wer bereit ist, diesen selbstbewussten Schritt der Hörspielserie mitzugehen, erlebt ein ansprechendes Hörspiel aus der Feder von Andreas Masuth, der ja auch schon eine eigene „Scotland Yard“ Reihe erfand (die meines Wissens nach noch immer fortgesetzt wird).

Als sollte es unterstrichen werden, dass man sich vom Staub und den Spinnweben alter Sherlock Holmes Fälle befreit hätte, wird die Serie weiterhin von recht jazzigen, an „Edgar Wallace“ erinnernder Musik von Christian Bluthard bereichert. Nichts, was nach „Edward Elgar“ und Zeitgenossen klingt, aber irgendwie passt es.

Fazit: Mit „Die Todes des Adrian Abernethy“ hat sich die Lestrade – Serie meiner Ansicht nach vollkommen von der Sherlock Holmes Serie der „neuen Fälle“ gelöst. Die Entwicklung hin zur ganz und gar eigenständigen Serie ist geglückt. Während des Hörens wurde ich definitiv gut unterhalten – keine Frage! Der Nostalgiker in mir sehnte sich aber gleichzeitig nach Gemütlichkeit, nach Droschken und die Sherlock Holmes Ära, in der es immer 1899 war. Das aktuelle Hörspiel ist gute Unterhaltung – befreit vom flackernden Licht der Gaslaternen, könnte man sagen. Ein moderner „Lestrade“, passend zu unserer Zeit.

Inspector Lestrade 14: Die Tode des Adrian Abernethy