Die neuen Fälle 41: Die dunkle Seite der Seele – Kritik

I. Worum es geht

Wieder findet sich in diesem Sherlock Holmes – Hörspiel eine ganze Riege von guten Sprechern zusammen. Neben den bekannten Sprechern von Holmes, Christian Rode und Watson, Peter Groeger, wären dies im Einzelnen: Lutz Harder, Daniela Molina, Heiko Akrap, Mogens von Gadow, Santiago Ziesmer, Bernd Vollbrecht, Ilka Teichmüller, Jörg Hengstler und Bodo Wolf.

Die Geschichte beginnt ungewöhnlich. Watson – in der Nacht mit der Droschke auf dem Weg heimwärts – begegnet einer übel zugerichteten, verwirrten jungen Frau. Er nimmt sie mit in die Baker Street, um sie ärztlich zu versorgen und muss sich, gemeinsam mit Holmes, unglaubliches anhören: Ihr Vater habe sie zum wiederholten Male verprügelt. Er, der sie auch sexuell mißbraucht habe und dann durch Gewalteinwirkung die Geburt des Kindes unmöglich machte, so dass es starb, wird in den Fokus der Erzählung geschoben.

Holmes und Watson sind so eingenommen von der Erzählung der Frau, die sich Emma Keyston nennt, dass sie ihrem, in Susex lebenden, Vater, Gerome Keystone eindringlich ins Gewissen reden wollen.

Was sie nicht ahnen ist, dass Gerome Keystone Teil einer Geldfälscherbande ist und so geraten Holmes und Watson in einen Fall, der verworrener und vielseitiger ist als man es kennt.

II. Kritik

Ich sagte es schon oft und werde es auch nicht müde, dies zu betonen: Ich mag Rode und Groeger in ihren Rollen als Holmes und Watson. Jedes Hörspiel der Reihe ist daher ein Gewinn.

Es folgen in dieser Kritik SPOILER. Wer diese nicht lesen will, gehe gleich zum Fazit.

Bei dieser Geschichte gab es für mich persönlich ein paar Schwächen, die ich – als langjähriger Holmes-Fan, anbringen muss.

  1. Holmes übernahm stets Fälle, die ihn reizten. Diese mussten immer außergewöhnlich sein, seinen Geist herausfordern, dann waren sie von Interesse! Watson war immer der Part, der voller Mitgefühl für die Klienten war, während Holmes, ähnlich einer Maschine, die Fakten aussiebte, um dann zu entscheiden, wie herausfordernd der Fall wäre. In diesem Fall ist daher, wie ich finde, die Rollenverteilung nicht so ganz perfekt gelungen. Denn auch Holmes ist hier absolut voller Mitgefühl und es bedarf keinerlei Überedung, um ihn dazu zu bewegen, nach Sussex zu fahren, um Gerome Keyston ins Gewissen zu reden. Später im Hörspiel fragt Watson danach, was sie in Sussex nun eigentlich machen würden? Genau das fragte ich mich auch. Selbstverständlich waren die Untaten des Vaters Keyston moralisch einfach nur wiederlich. Aber darum geht es nicht: Wäre es Holmes gewesen, der sich ungestüm auf den Weg gemacht hätte, nur um ihm ins Gewissen zu reden? Eher nicht. Watson indess wäre schon eher losgefahren und Holmes wäre ihm dann spätestens nach dem Auffinden des Falschgeldes gefolgt.
    Ein Holmes a´la Jeremy Brett hätte sicherlich ganz anders auf das Eintreffen der verletzten Emma Keyston reagiert. Vielleicht hätte er sich in seinem Archiv nach Keyston erkundigt und ihn im Auge behalten. Wäre er nach Sussex gereist, um mit ihm zu „reden“? Fraglich.
    Der „moralische Aspekt“ wird von mir nicht weiter besprochen. Ich finde es mutig, so etwas in einer Holmes – Geschichte unterzubringen, aber ist es nicht auch zu modern für die alten Zeiten, so offen darüber zu sprechen, was Keystones Tochter widerfuhr? Natürlich kam so etwas auch damals vor und sicher eher häufiger noch als heute, wo es weniger nötig ist, den Mantel der (Schein)moral darüber auszurbreiten… Ich kann mich nicht entscheiden… Mutig bleibt es.
  1. Langwierigkeit. Es gibt eine Stelle im Hörspiel, in der genau „gezeigt“ wird, wie es zu einem bestimmten Mord kommt. Später, bei der Poirot-esquen Aufklärung vor versammelter „Besetzung“, erklärt Holmes wieder, Stück für Stück, was vorgefallen ist. Interessant für die Personen, aber nicht für den Hörer, der das alles schon kennt. Da hätte Watson erzählend eingreifen können, um diese Wiederholung zu verkürzen. Es fehlen Holmes zudem bei seiner Erzählung die deduzierten Beweise zum Tathergang: Holmes hätte z.B. die Revolverkugel in der Wand finden können, um daraus zu deduzieren, dass Sanders in dieser Richtung geflohen ist. Schuhabdrücke von Sanders hätten seine Identität bestätigen können. Aber Holmes ergeht sich hier in überzeugt vorgebrachten Vermutungen. Woher wusste er, dass Sanders geflohen ist? Das es Sanders war, der da geflohen ist?
  1. Ungewöhnlich und irgendwie untypisch für eine Holmes-Story ist auch, dass hier zwei Personen ins Gefängnis wandern und zwar – darauf kommt es mir an – für ein Verbrechen, für das sie quasi unschuldig waren. Keyston, ein von Grundauf schlechter Mensch, kommt für einen Mord ins Gefängnis, in den er gedrängt worden war. Overtone kommt ins Gefängnis, weil er von Keyston gereizt worden war (durch seine angebliche Entlassung) und dieser nun versucht, jenen in (geheimer) Gegenwart Lestrades und Holmes / Watsons umzubringen. Holmes ist in der Regel eher der Typ, der entweder perfekte Beweise hat oder gar nichts vorweisen kann. Warum Keyston mithilft, Overtone zu „überführen“ wird auch nicht erklärt. Man mag sich denken, dass ihm eine geringere Haftstrafe oderdie Aussicht auf Rache an Overtone überzeugten. Schade, dass das – im Gegensatz zur Wiederholung des Tathergangs bezüglich Rothsteins – nicht zu hören war. Ach ja: Der Überführungs- Trick mit Overtone erinnert mich eher an Inspektor Columbo als an Sherlock Holmes.

III. Fazit

Diese kontroverse, untypische Geschichte ist – von einem experimentellen Standpunkt aus – von einem gewissen Reiz. Natürlich ist es ermüdend immer dieselbe Art klassischer Holmes – Erzählungen zu Papier zu bringen und so hat der Autor, Marc Freund, hier etwas gänzlich Neues erschaffen. Es funktioniert weniger als – von der Hörspielserie – losgelöste Holmes-Pastiche, denn als Hörspiel-typische Erzählung, denn dieser Holmes ist der „Rode-Holmes“; ein Holmes, der etwas emotionaler geworden ist, der sich die Freiheiten nimmt aus alten Verhaltensmustern auszubrechen.

Die Spielfreude der Sprecher macht zudem großen Spaß. Mich persönlich hat nur gestört, dass Jörg Hengstler dieses Mal einen anderen Charakter als den aus der Lestrade-Reihe beliebten Dr. Thomas Lovell gesprochen hat. Ich verbinde diese Stimme inzwischen mit Lovell und so fühlte sich die Stimme als „Gangster-Stimme“ fehlbesetzt an.

„Die dunkle Seite der Seele“ ist schon im Titel untypisch für eine Holmes – Story. Die Spielfreude der Sprecher sorgt dafür, dass besonders die Fans des „Rode-Holmes“ und des „Groeger-Watson“ großen Spaß an diesem Hörspiel haben werden.

Allen Verfechtern des „definitiven“ Originals wird sie zur Freude gereichen, wenn sie etwas großzügig mit dieser Bereicherung im Bereich „Sherlock Holmes Hörspiel“ umgehen.

Zu erwerben ist das Hörspiels z.B. hier:

https://www.amazon.de/Dunkle-Seite-Seele-Neue-F%C3%A4lle/dp/3864734428/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&keywords=die+dunkle+seite+der+seele+cd&qid=1559289628&s=gateway&sr=8-1

Dr. Doyle und Mr. Holmes

Als Sherlock Holmes Fan verfolge ich mit Interesse die deutschsprachige Podcastreihe „Dr. Doyle und Mr. Holmes“. Die ersten Folgen führten die Biografie des Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle ein, in der aktuellen Folge wurde ich befragt, wie ich zu Sherlock Holmes kam und wie mein Weg als „Sherlockianer“ sich bisher so gestaltete.

Nils und Andreas, die die Podcast-Reihe informativ, gut recherchiert und spannend gestalten, waren angenehme Gesprächspartner. Wiewohl die Interview-Situation immer etwas merkwürdig ist (wenn man sie nicht gewohnt ist), entspann sich ein relativ lockeres Gespräch zwischen uns Dreien.

Zu hören ist es hier, auf der Website des Podcasts. Abonnieren / Verfolgen lohnt sich!

http://sherlockholmespodcast.de/2019/05/01/sherlockianische-gespraeche-01-matthias-wieprecht/

 

PIDAX, Sherlock Holmes DVDs, Teil 1

Pidax.de haben wir Sherlock Holmes – Fans sehr viel zu verdanken. Sie synchronisierten die noch existierenden BBC Cushing – Folgen neu und brachten sie auf DVD auf den deutschen Markt, sie veröffentlichten „Die Rückkehr des Sherlock Holmes“ mit Anthony Higgins, „Sherlock Holmes muß sterben“ mit Edward Woodward und der Neuerscheinungen auf diesem Sektor scheint bei Pidax.de noch kein Ende gesetzt zu sein. Gerade erst wurde „Der Hund von Baskerville“ mit Tom Baker auf DVD angekündigt!

(c) BBC, Pidax.de

Hier möchte ich zwei Veröffentlichungen vorstellen: Ebenfalls einen „Hund von Baskerville“, nämlich den mit Stewart Granger und eine Sherlock Holmes Dokumentation, die ihr Erscheinen auch Pidax.de zu verdanken hat.

Der Hund von Baskerville

Stwart Granger (1913 – 1993) spielte in dem 1972 entstandenen Universal Television Film den großen Detektiv Sherlock Holmes.

Obwohl es sich offensichtlich um einen Fernsehfilm handelt, der mit einem geringen Budget zu kämpfen hatte, bietet er doch – neben dem Hauptdarsteller – Berühmtheiten wie William Shatner (Star Trek) und Anthony Zerbe (Der Omega Mann) auf.

Die recht guten Schauspieler bekamen zudem in der deutschen Version sehr gute Stimmen, die den Film noch einmal aufwerten: So spricht der „Magnum“ – Sprecher Norbert Langer mit seiner extrem sympathischen Stimme Sir Henry Baskerville (Ian Ireland). William Shatners deutsche Stimme, G. G. Hoffmann wurde indes von Stewart Granger gebraucht. Er erhielt jene von Peter Musäus.

Der Film gehört in die Sammlung eines jeden Sherlock Holmes Fans. Interessant sind die kleinen Abwandlungen gegenüber der Original-Geschichte: Holmes fährt zuerst mit nach Dartmoor, verabschiedet sich später, um Watson das Feld zu überlassen, wieder zu kehren und wieder (angeblich) zu verschwinden.

Die Geschichte um den ausgebrochenen Sträfling und seiner Schwester, der Haushälterin von Sir Baskerville, wird in aller Kürze nur aufgezeigt.

Obwohl die „Basil Rathbone“ – Version des Films nur wenige Minuten länger geht, lässt sie sich doch für die komplette Story viel mehr Zeit und erzählt diese ruhiger, ja, fast gemächlich, im Vergleich zu dieser Version.

Es fällt außerdem auf, dass Watson hier öfter mal etwas entdeckt. Holmes wirkt ein wenig blasierter als sonst, was eventuell an dem Darsteller liegt. Stewart Granger wird nachgesagt, er sei ein schwieriger Schauspiel-Kollege gewesen (so sein einstiger und leider verstorbener Film-Kollege Pierre Brice in einem Interview).

Für mich ist dieser Film, den es mittlerweile bei PIDAX auf DVD gibt, ein wertvolles Stück Holmes – Filmgeschichte.

(c) Universal Television, Pidax.de

https://www.pidax-film.de/Film-Klassiker/Sherlock-Holmes-Der-Hund-von-Baskerville-1972::1350.html

Der wahre Sherlock Holmes

Niemand geringeres als Sir Arthur Conan Doyle selbst kommt in dieser kurzweiligen Dokumentation um Sherlock Holmes zu Wort (samt deutscher Untertitel). Er erzählt davon, dass ihn diese ungewöhnlichen Detektivgeschichten Erfolg brachten und das ihn schon bald Autogrammwünsche erreichten. Nicht um sein Autogramm wurde er gebeten, sondern um das von Sherlock Holmes und Doktor Watson!

In „Der wahre Sherlock Holmes“ geht es aber nicht nur darum, die Ursprünge von Holmes zu erleuchten, sondern vielmehr seine Auswirkungen auf unsere moderne Zeit. So ist es immer wieder erstaunlich, dass die tatsächliche Polizei zu der Zeit, in der die Sherlock Holmes Geschichten erschienen, genau so rückständig war, wie Holmes sie in den Storys beschreibt. Holmes dagegen war in der Fiktion wissenschaftlich schon viel weiter als die tatsächlichen Polizisten. Heutige Forensiker können das ohne mit der Wimper zu zucken, bestätigen. So war Holmes in gewisser Hinsicht der „Erfinder“ der forensischen Spurensicherung.

Darüber hinaus ist Sherlock Holmes ein Meister der Täuschung, „Erfinder“ des „Profiling“ und generell eine Quelle der Inspiration aller Wissenschaftler seit seiner „Geburt“ in „A Study in Scarlet“.

„Der wahre Sherlock Holmes“ geht der Figur „Sherlock Holmes“ und ihrer Auswirkungen auf viele, viele Bereiche selbst heutigen Lebens auf den Grund – und das in einer schmissigen, kurzweiligen Art und Weise. Viele Fachleute kommen zu Wort, viele typische Orte von London werden gezeigt. Es macht Spaß sich diese Fakten anzuhören, egal, wie viel man über den einzig „beratenden Detektiv“ schon weiß.

Die Dokumentation erhielt diverse Auszeichnungen. So die des „best research“ (Yorkton Film Festival 2013).

(c) Pidax.de

Auch diese Dokumentation ist bei Pidax.de auf DVD erhältlich.

https://www.pidax-film.de/Gesamtkatalog/Der-wahre-Sherlock-Holmes::1136.html

 

Inspector Lestrade – Ein Fall für Scotland Yard 3/3 – Eine Kugel für den Liebsten

Das Hörspiel weist erstaunlich viel Eigenständigkeit auf. Wirken die ersten zwei Teile noch etwas darum bemüht, den eigenen Stil zu finden (oder den Holmes-gewohnten Zuhörer an den „Lestrade-Stil“ zu gewöhnen), wirkt „Eine Kugel für den Liebsten“ so als wenn der Autor (Andreas Masuth) plötzlich genau wüsste, in welche Richtung die „Lestrade Abenteuer“ führen sollen.

Ja, ich schreibe bewusst, „DIE“ Lestrade – Abenteuer, denn obwohl die ersten Abenteuer mit 1/3 bis 3/3 nummeriert waren und dadurch andeuteten, dass es nie mehr als diese drei Hörspiele geben würde, lässt sich im Innenteil der CD erkennen, dass ein Teil 4 im Oktober erscheinen wird. Auf romantruhe.de wird sogar schon ein vierter Teil in Aussicht gestellt.

Sollte sich die Qualität und Eigenständigkeit so weiter entwickeln, wie dieser Teil es in Aussicht stellt, kann ich das nur begrüßen.

Vielleicht war es von Anfang an nicht geplant, in diesem dritten Teil Rode und Groeger als Holmes und Watson brillieren zu lassen, vielleicht wurden die Aufnahmen aber auch nach ihrem überraschenden Tod Anfang dieses Jahres getätigt, in jedem Fall kommt das berühmte Gespann aus der Baker Street dieses Mal nicht zu Gehör.

Im Innenteil des Covers findet sich eine Danksagung an Christian Rode, Peter Groeger und Gerald Paradies. Alle Drei waren bekannte, wunderbare Stimmen, wobei Letzerer z.B. in der Sherlock Holmes (neue Fälle) – Folge „Die Untoten von Tilbury“ zu hören war. Er verstarb im Juni 2016, offenbar dem Produktionsjahr des Hörspiels, um das es hier geht.

Es tut dem Hörspiel meiner Ansicht nach jedoch gut, dass die auch von mir geliebten Holmes und Watson nicht auftauchen. Nur so kann Lestrade sich entfalten und ganz der Star sein und nicht nur der Nebendarsteller mit Extra-Spielzeit.

Die Story ist einfach gestrickt, aber fesselnd. Im Mittelpunkt steht ein Attentat auf den Premierminister. Nur knapp entgeht er einem Angriff auf sein Leben und somit tun sich viele Fragen auf. Ist es ein politischer Gegner? Ist es ein Mann, ist es eine Frau?

Die Geschichte ist, wie erwähnt, eher einfach gehalten, enthält kein „Ei des Columbus“, aber das hat mich nicht gestört, denn die Frage ist immer wie eine Geschichte erzählt wird. Die Dialoge zwischen Lestrade (Lutz Harder) und seinen Kollegen, sowie seinem Vorgesetzten Hawksley, der fantastisch von Bodo Wolf gesprochen wird, machen einfach Spaß. Dieser war mir zumindest nicht nur als Synchronstimme des Arztes in der Serie „Downtown Abbey“ bekannt, sondern als meiner Ansicht nach die beste aller Joker – Stimmen seit Joker eine deutsche Stimme hat. Siehe auch die Arkham – Gaming – Reihe.

Eckhard Dux und Helmut Krauss sind in kleineren Nebenrollen zu hören. Immer wieder schön, von ihnen zu hören.

Summa sumarum entwickelt sich die Reihe in eine hervorragende Richtung. Das Hörspiel bietet Kurzweil und lässt mich nur mit einer Frage zurück: Funktioniert das, was man am Ende erlebt, wirklich?

Sherlock Holmes – die neuen Fälle: Schatten der Vergangenheit

MILDE SPOILER! MILDE SPOILER! MILDE SPOILER! MILDE SPOILER!
(Ich werde den Verlauf der Handlung nicht beschreiben, aber man mag ahnen, wie die Stimmung und ganz grobe Handlung dieses Hörspiels sein könnte, wenn man diesen Text liest). 

Jedes neue Hörspiel dieser Reihe wirkt wie ein Vermächtnis von Christian Rode und Peter Groeger. Man mag das als sehr emotional bezeichnen, was es auch ist, aber jedes neue Hörspiel mit dem vielleicht besten Holmes-Watson-Hörspie-Team, das es je gab, erfüllt mich mit Dankbarkeit.

Dieser Fall zieht am Anfang schön an. Schon in zwei Minuten nach betätigen der „Play“-Taste war ich voll in dem Fall drin. Das Grauen von Jack the Ripper hatte mich erfasst. Nach etwa einer viertel Stunde, in der meine Begeisterung exponentiell zunahm, flachte das Hörspiel leider zu früh und zu steil ab. Zwar waren die Erinnerungen an „damals“ – als Holmes nicht zu jenem schrecklichen Fall im Herbst 1888 hinzugezogen wurde – von John Watson sowie Inspektor Aberline für die Rahmenhandlung interessant und werteten die Qualität des Hörspiels stimmungs – mässig und inhaltlich enorm auf, worauf ich auch nicht hätte verzichten wollen, aber meiner Ansicht nach hätte man das Hörspiel besser schneiden können. Wäre das ein oder andere einen klein wenig früher passiert, hätte das vermutlich das ganze Skript durcheinandergebracht, aber es hätte auch die Spannung um ein vielfaches erhöht.

(c) Romantruhe

Ich glaube, in keiner Reihe von Holmes-Hörspielen habe ich je so viel schmatzendes, blutendes Fleisch zu hören bekommen wie in diesen „neuen Fällen“. Auch der Geruch der Übelkeit – erregenden Verwesung kommt in dieser Serie weit öfter vor als in den Original – Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle. Das gibt auch diesem Hörspiel, in dem sich solcherlei „Dinge“ natürlich mehr anbieten als das bei anderen Folgen der Fall war, einen leicht „trashigen“ Zug, der manchem Hörer gefallen wird, aber nicht jedem. Mir zum Beispiel nicht, ich könnte auch ohne…

Christian Rode´s Stimme ist wirklich „die Stimme“ von Sherlock Holmes, doch in diesem Hörspiel wirkte er auf mich gegenüber der schauspielerischen Leistung von Peter Groeger punktuell (im Zusammenspiel!) etwas blass. Auch Christian Rode´s Leistung war, wie immer, eine wirklich Gute, aber Peter Groeger erfasst hier das Grauen und die Angst um Jack the Ripper stellenweise mehr und überzeugender als es Christian Rode tut. Aber auch Rode´s Holmes kann seine Abscheu gegenüber den Taten von einst sowie den neuen Schrecken hörbar nicht verbergen.

Insgesamt ist diese Folge für mich eine der allerbesten Folgen der ganzen Serie. Das liegt – neben der Leistung der Sprecher – an der guten Recherche und Tiefe der Story.Weiterer Plus Pnkt: Lestrade, den wir aus den Lestrade – Hörspielen etwas besser kennen, hat durch eben jene einen Vertrautheits – Bonus bekommen. Er ist nun – nach dem Hören der zwei ersten Lestrade – Hörspiele, mehr als nur ein leidlich fähiger Inspektor, der mehr oder minder das tut, was Holmes sagt und sich mit fremden Federn schmückt. Nun ist er ein echter Typ, ein Charakter. Auch die Hintergrundmusik, die aus meiner Sicht zuweilen etwas zu verspielt daher kam in den älteren „neuen Fällen“, ist dieses Mal viel besser gelungen. Nur stellenweise wird auf ältere Stücke zurückgegriffen.

Was diese Folge für mich aber vor Allem ausmacht ist gar nicht die (vermeintliche) Lösung des Falls, sondern die aufgefächerte Stimmung um den Mythos „Jack the Ripper“. Wenn der Ripper schon wieder (wie z.B. in den Filmen „Mord an der Themse“ oder „Sherlock Holmes größter Fall“ sowie in dem Hörspiel „Sherlock Holmes und die Whitechapel Morde“), bemüht wird, dann sollte dies auch mit einem gewissen Know How geschehen. Andreas Masuth hat genau das in guter Weise in seinem Skript erledigt.

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass sich hier insgesamt ganze 15 ! Sprecher vereint haben!

Schade finde ich – neben einem Teil des Endes, den jeder erkennen wird, der es gehört hat – das der Fall sich am Anfang viel größer anhört als er am Ende ist. Denn am Ende geht es wirklich nur um einen „Schatten der Vergangenheit“, wennglich dieser auch recht grausam aussieht.

Für Holmes sowie „Rode / Groeger“ – Fans ein Hörspiel, dass ich – mal wieder, aber dieses Mal mit dem Brustton einer größeren Überzeugung – empfehlen kann.

Sherlock Holmes 36 – Remis in zehn Zügen

Wer sich auch nur ansatzweise für Hörspiel oder „gute“ Stimmen in Film, Fernsehen und auf Tonträgern interessiert, weiß, dass Christian Rode (Holmes) am 15. Februar 2018 ebenso überraschend verstarb wie nur einen Monat zuvor, am 16. Januar 2018, Peter Groeger (Watson).

Die beiden Schauspieler waren in ihrem relativ hohem Alter – Groeger wurde 84 Jahre alt, Rode 81 – sehr aktiv und haben einige Hörspiele vorproduziert. Wie viele es sein werden, bleibt abzuwarten. Mehr denn je ist jedes weitere Hörspiel nun wie ein unerwartetes Geschenk, wie ein gefeierter Nachruf, gesprochen quasi von den wohl bekanntesten deutschen Stimmen des Londoner „Dreamteams“ aus der Baker Street 221 B, selbst.

Mit einem traurigen Lächeln haben sicherlich viele Fans der Synchronschauspieler und ihrer Rollen bei sich gedacht, es sei kein Zufall, dass sie so kurz hintereinander aus dem Leben geschieden sind. So wie wir nicht wissen, wie viel Christian Rode in dieser Inkarnation von Holmes steckt oder wie viel Peter Groeger in diesem Watson, so können wir auch nur ahnen, wie ähnlich die fiktive Freundschaft, die Sir Arthur Conan Doyle erfand, sich im realen Leben der Sprecher widerspiegelte. Sicher ist alleine, dass sie seit 2003 als Sherlock Holmes und Dr. Watson immer wieder miteinander zu tun hatten.

Natürlich sind Christian Rode und Peter Groeger weit mehr als nur die Sprecher des Detektivs und des Militärarztes. Dies soll auch keine umfassende Würdigung ihres Schaffens werden. Doch ist es unmöglich, das neue Hörspiel aus der Reihe „Die neuen Fälle“, „Remis in zehn Zügen“, zu besprechen, ohne auf den großen Verlust einzugehen, den – auch! – wir Hörspiel-Fans erlitten haben. Ist es doch das erste Hörspiel, welches seither in der Reihe erschienen ist.

Das Hörspiel „Remis in zehn Zügen“ ist der 36. Fall der Reihe. Mir persönlich hat er – auch fernab jeder Nostalgie – sehr gut gefallen. Das liegt – ohne zu viel zu verraten – daran, dass er clever geschrieben wurde, davon absieht unnötig blutig zu sein, eine schöne Schach-Szene beinhaltet und selbstverständlich – hier schließt sich der Kreis – hervorragende Sprecher aufweisen kann, wie eigentlich immer. Bekannte Stimmen wie Jürgen Thormann, Thomas Petruo oder auch Thomas Danneberg und Lutz Harder sind, neben anderen, mit von der Partie. Dabei bringen Rode und Groeger sich mit Herzblut ein, nehmen sich selbst auch mal etwas auf die Schippe, was mich schmunzeln lies.

Alleine seltsam mutet es mich an, dass der vorherige Fall das Ende der Laufbahn Holmes andeutet, worauf hier so gar nicht eingegangen wird. Seltsam. Aber Watson springt ja auch immer mal durch die vergangenen Jahre, wenn er von damaligen Fälle spricht.

„Remis in zehn Zügen“ ist ein gutes, gewohnt professionell in Hörspiel-Format gebrachtes, Erlebnis.

Hier ist es – neben den üblichen Möglichkeiten – direkt auf der Website von Romantruhe Audio zu kaufen:

https://www.romantruhe.de/serien/krimi-und-thriller/sherlock-holmes/sherlock-holmes-die-neuen-faelle/sherlock-holmes-neue-faelle-cd-36-remis-in-zehn-zuegen-13420Möglichkeiten

(c) Romantruhe-Audio & (c) Lidia Beleninova

Schon im Mai werden wir – vor einer bis September andauernden Pause – den 37. Fall präsentiert bekommen: „Schatten der Vergangenheit“. Zuvor – schon im April – können wir den zweiten „Lestrade-Fall“ hören. Dazu zu einer anderen Zeit mehr.

Die Vorstellung, dass Christian Rode und Peter Groeger nicht mehr leben, scheint mir so unglaublich, wie es wohl seinerzeit den Lesern des Strand Magazins unmöglich erschien, Sherlock Holmes sei tatsächlich nicht mehr am Leben. Die Londoner banden sich, nach dessen fiktiven Tod in „Das Letzte Problem“, schwarze Trauerbänder um und beschwerten sich beim Verlag sowie beim Autoren, woraufhin Sir Conan Doyle (etwas widerwillig) den Detektiv wieder ins Leben zurück brachte.

Im Fall von Christian Rode und Peter Groeger bleibt uns dennoch mehr als nur zu trauern, nämlich dankbar zu sein: Für viele gemütliche Stunden in der Baker Street 221 B, jenseits vom oft stressigen Alltag, gemütlich zurückgelehnt im Ohrensessel vor dem knisternden Kaminfeuer, während unsere Helden sich mutig in immer neue Abenteuer stürzten.

Danke!

 

Kurznachricht: Christian Rode und Peter Groeger

Als ich gestern erfuhr, dass Christian Rode gestorben ist, nur etwa einen Monat nach Peter Groeger, erfasste mich – während meiner Arbeit – eine Welle von Traurigkeit.

Es gibt immer noch Menschen, die nicht wissen, wer das war. Oder die sich kaum vorstellen können, was das bedeutet, das sie nun BEIDE gestorben sind!

Ich werde ihre Stimmen als die ultimativen deutschen Sprecher von Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson nie vergessen. Im Gegenteil, ich werde mir den gesamten Canon, den sie aufgenommen haben – ja, ALLE Originale von Sir Conan Doyle UND MEHR! – regelmässig anhören.

R:I:P

Peter Groeger
1933 – 2018

und

Christian Rode
1936 – 2018

Inspector Lestrade – Ein Fall für Scotland Yard – Teil 1/3

Fall 1/3: Der Augenblick des Todes

In den besten Fällen von Sherlock Holmes trifft man häufig auf Inspektor Lestrade. So auch in den „neuen Fällen von Sherlock Holmes“,  jener wunderbaren Hörspiel-Reihe, in denen Christian Rode und der unlängst verstorbene Peter Groeger, Sherlock Holmes und Dr. Watson ihre Stimme geliehen haben.

Der Verlust von Peter Groeger (geboren am 1. Juni 1933 in Gröbzig, gestorben am 16. Januar 2018 in Berlin) wird den Anhängern dieser Reihe noch lange nahe gehen. Groegers Stimme hatte das gewisse Etwas eines wahren „treuen Watson“. Wie sehr seine Freunde und Angehörige ihn vermissen, kann man nur ahnen. Für die Fans von Sherlock Holmes und dieser Hörspiel-Reihe im Speziellen, stand sein „Watson“ in einer Reihe mit Darstellern wie David Burke, Edward Hardwicke oder etwa Nigel Bruce. In seiner Darstellung vereinte er die liebenswerte Art des zuletzt genannten mit der kompetenten der zuerst genannten.

Wir dürfen umso dankbarer dafür sein, dass es noch einige unveröffentlichte Hörspiele der Reihe geben wird. Auch in „Der Augenblick des Todes“ sind Rode und Groeger kurz zu hören. Im Mittelpunkt steht aber natürlich der dieser neuen Serie namens-gebende „Inspector Lestrade“.

Seit Beginn der „neuen Fälle“ bei Romantruhe Audio (siehe auch www.allscore.de) wird dieser bekannte Inspektor von Lutz Harder gesprochen.

Dieses Hörspiel erinnerte mich entfernt an das ein oder andere Hörspiel der Reihe „Die größten Fälle von Scotland Yard“ einerseits, andererseits auch entfernt an die TV-Serie „Ripper Street“. Hier können wir endlich einmal mehr über den Inspektor erfahren, über seinen Arbeitsalltag bei der Londoner Polizei, über seine Kollegen und mehr.

Über Allem steht natürlich ein spannender Fall.

Als man in einem Waschhaus die Leiche einer Frau entdeckt, ahnt Inspector Lestrade noch nicht, dass ihn diese auf die Spur eines gefährlichen Serienmörders bringen wird. Und auch wenn die Opfer willkürlich ausgewählt wurden, ein verstörendes Detail haben sie im Tode doch gemein: Ihre Augen sind schneeweiß. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dash macht sich Lestrade auf die Jagd nach einem Mörder, der sich bisher geschickt in den Schatten der Unauffälligkeit ducken konnte. Und der bereits wieder zum Sprung ansetzt, um sein wahnsinniges Ziel zu erreichen…

Mit von der Partie sind, neben Lutz Harder, so bekannte und interessante Sprecher zu hören wie Michael Pink, Udo Schenk, Hartmut Neugebauer, Christian Rode, Peter Groeger, Anke Reitzenstein, Jürgen Thormann, Nicole Hannak, Gerald Paradies, Jörg Hengstler, Helmut Krauss und Tino Kießling.

Mein Gesamteindruck der ersten Folge ist positiv. Es ist ein schönes Hörspiel mit guten Effekten, guten Sprechern und einem interessanten Skript. Vor Allem macht dieses Hörspiel eines: Lust auf mehr!

Hier kann man sich den ersten Teil von „Inspector Lestrade“ bestellen:

https://www.amazon.de/Augenblick-Todes-Folge-1/dp/3864733367/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1518775986&sr=8-1&keywords=inspector+lestrade+1+-+der+augenblick+des+todes

https://www.romantruhe.de/mp3/inspector-lestrade-ein-fall-fuer-scotland-yard/mp3-download-inspector-lestrade-1-der-augenblick-des-todes-16367

(c) Allscore.de (c) Romantruhe Audio

Sherlock Holmes – die neuen Fälle: Die letzte Symphonie

Fiel meine letzte Hörspiel – Rezension zu den „neuen Fällen“ sehr gemischt aus, ist das aktuelle Hörspiel doch um Welten besser, obwohl es auch keinen wirklich „typischen Holmes Fall“ präsentiert.

Mit das schönste an Sherlock Holmes Geschichten ist sicherlich die Einleitung. Üblicherweise geht es dabei um eine schöne Lady, die bei furchtbarem Wetter Holmes aufsucht, hilflos und nach einem Retter Ausschau haltend. Dieser Ton vieler original Fälle, wie „Die einsame Radfahrerin“ oder „Das Haus bei den Blutbuchen“, hat den original Fällen von Sir Conan Doyle etwas von „Rittergeschichte“ gegeben.

In diesem Fall ergeht sich Watson zu Anfang einiger Betrachtungen über die Veränderungen der Welt zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Es ist kaum anders möglich als das er recht trübsinnig ist, denn der 1. Weltkrieg zeichnet sich ab, nichts ist so wie es einmal war. Wie John H. Watson hier so zu Anfang über die Veränderungen der Zeiten resümiert, könnte dies auch auf unsere Epoche gemünzt sein. So gesehen ist schon der Anfang von „Die letzte Symphonie“ anders als üblicher Weise.

Besonders an der vorliegenden Geschichte ist, dass es eine unmittelbare Fortsetzung des letzten Falls und somit auch des letzten Hörspiels handelt, welches in der Reihe „Die neuen Fälle“ erschienen ist.

Holmes und Watson sind ihrem neuen Erzfeind, Farley Straker, auf der Spur. Dieser hatte ja im letzten Fall die Pläne für eine neue Waffe an sich gebracht. Holmes ist – ganz im Sinne der Geschichte „Seine letzte Verbeugung“ – mehr für sein Vaterland im Einsatz als als beratender Detektiv.

Ort der Handlung: Eine Herberge am Meer. Das Wetter: Ein wütender Wintersturm. In der Herberge finden sich allerlei seltsame Gestalten. Als Farley Straker sich dort ganz unschuldig gibt, werden Holmes und Watson sehr misstrauisch. Und wer ist die in dicken Verbänden auf einem Bett liegende Person? Was für ein seltsames Spiel spielt der Herbergs“vater“?

Man ahnt während des gesamten Hörspiels nicht, was für ein großer letzter Akt dieser Geschichte innewohnt. Als es dann soweit ist, scheint Sherlock Holmes sich in der Tat ein letztes Mal verbeugt zu haben.

In meiner letzten Rezension vermerkte ich noch, Straker sei zu theatralisch dargestellt worden, ja, stelle sich selbst zu übertrieben dar. Aber in dieser Episode geschieht alles im rechten Maß.

Ich würde mich freuen, wenn wir in Zukunft Sherlock Holmes Geschichten aus dem 20. Jahrhundert – mit gelegentlichen Rückblicken – hören könnten….

Reise in die Baker Street 221B

Eine kleine Retrospektive meiner London – Reise 2016

Der Familie meiner Schwester gewidmet

Prolog

Von London träumte ich schon mein ganzes Leben lang. Vor etwas mehr als 30 Jahren, mit ca. 16 (das war 1985), entdeckte ich meine Liebe zu dem weltbekannten Detektiv und seinem Freund und Kollegen Dr. Watson. Ich richtete einem damaligen Freund und mir eine „Baker Street Wohnung“ im Keller meiner Eltern ein, die freilich mehr an die Londoner Docks erinnerte als an die behagliche Wohnung in der Baker Street. Bilder von Sidney Paget hängen dort immer noch an der Wand aus eben jenen Tagen.

Wie oft hatte ich mir vorgestellt, selbst auf der Westminster Bridge zu stehen und hinauf zum Big Ben zu schauen, während er seine hypnotische, bekannte Notenfolge spielt!

Dieser kleine Bericht widmet sich nur einem Ausschnitt der vielen Eindrücke, die ich in der Hauptstadt Groß Britanniens gesammelt habe. Hier habe ich mich zudem primär auf „Sherlock Holmes“ konzentriert. London ist so viel größer und die Eindrücke in einem einzigen Text festzuhalten wäre mir eh unmöglich…

Erste Schritte

Am Tag der Ankunft – dem 12. Juni 2016 – feierte Ihre Majestät mit der Bevölkerung ihren 90. Geburtstag und so war unser erstes Ziel der Buckingham Palace, in dem zu Holmes Zeiten schon Königin Viktoria residierte. Der Palast war zum großen Teil abgesperrt, die Feier vorbei, aber so kamen wir auf jeden Fall in den frühen Genuss des Hyde Park, wobei mir bis heute nicht ganz klar ist, wo der Hyde Park endet und der Kensington Park beginnt. Google klärt das einfach mit einem Blick von oben, aber wer da einfach so lang schlendert, wird es erstmal nicht unbedingt merken, wenn er vom einen Teil in den anderen wechselt.

Abendstimmung im Park

Als ich mir wenige Tage später im Tower von London, jener großen Burganlage, die Kronjuwelen ansah, dachte ich an Professor Moriarty. Sowohl der Cumberbatch – „Sherlock“ – Serie als auch an die Rathbone-Variante des Erz-Schurken in „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“: In beiden Fällen sieht es Moriarty auf die Kronjuwelen ab und ist teilweise erfolgreich. „Wird er gleich zugreifen?“ ging es mir – lächelnd – durch den Kopf.

Die Brücke, die Lampe und ich

Wie so ziemlich alles in London ist auch die Tower Bridge in Wirklichkeit viel größer als man es vermutet, wenn man sie „nur“ aus Film und Fernsehen kennt. Ich versuchte mit Fotos die gewaltige, imposante Größe der Brücke aufzufangen, aber das gelang mir nur teilweise.

Das ist ja wohl groß, oder?

Besonders „witzig“ war es auf den dicken Plexiglasscheiben zu laufen, die im oberen Bereich der Brücke viele Meter über der Straße und der Themse liegen. Das Gehirn spielt einem einen Streich: „Auf Glas laufen über einen Abgrund? Mach ruhig, aber ohne mich“. Und so war ich denn auch nicht wirklich entspannt als ich darauf stand, aber ich war da und ich habe es getan!

Über der Tiefe…

Baker Street 221B, die Erste und Zweite

Wir  machten uns zu Fuß auf den Weg zur Baker Street. Wie es sich für Touristen gehört, verliefen wir uns erstmal, was sich aber als Vorteil herausstellte, denn so kamen wir – halb verhungert – nicht etwa direkt beim Museum an, sondern beim „Sherlock Holmes Hotel“. Eine liebe Bekannte hatte mir den dortigen „Hamburger“ empfohlen. Der schmeckt da auch wirklich richtig gut. Speziell jedoch in jenem Ambiente, das auf eine dezente Weise auf den Detektiv und seine Zeit ausgelegt ist. Modern – z.B. in Form von recht zeitgenössischen Gemälden des großen Sherlock Holmes – aber mit einer Verbeugung vor der viktorianischen Ära – etwa in Form von Vitrinen, in denen Dinge zu sehen sind, die vor Allem Holmesianern etwas zu sagen haben. Eine Wand, auf die ich beim Lunch blickte, zeigte diverse Bilder des Detektivs – hier besonders Rathbone – sowie stilisierte Tabakpfeifen u.a.

Sherlock Holmes Hotel – Ausschnitt

Danach ging es zum Museum.

Auf dem Weg zum Museum begegnet man u.a. einem „Sherlock Holmes Grill“. In der Gegend der Baker Street ist es schwer, Holmes zu entgehen, wenn man das wollte. Bilder hier, Gedenktafeln dort, Touristen-Geschenke anderen Orts. Mir gefiel das natürlich.

Das Museum – es ist in privater Hand – war gut besucht. Als wir endlich an der Reihe waren, musste es natürlich das obligatorische „Foto mit Bobby“ geben, denn die Museumsleitung hatte die geniale Idee draußen einen „historischen Bobby“ zu engagieren. In Wirklichkeit sind das oft Studenten, die schnelles Geld machen wollen. Drinnen finden sich auch Zimmermädchen, die einen freudig begrüßen, wenn man das Museum betritt und freudig verabschieden, wenn man aus dem oberen Stockwerk herunterkommt (und sich etwas wundern, wenn man dann nochmals die erste Etage betritt, was aber okay ist).

221B, Baker Street

Die Diehlen knarrten, der Kamin mit Sitzecke sah behaglich aus, Kerzenleuchter aus Messing glänzten und in jeder – sprichwörtlich jeder! – Ecke gab es etwas zu finden, was mit dem Detektiv zu tun hatte. In der zweiten Etage gab es sogar Wachsfiguren. Die Bakerstreet liegt in der Nähe von „Madame Taussauds Wachsfigurenkabinett“ und von daher gehe ich davon aus, es lag nahe, hier Wachsfiguren zu platzieren. Irene Adler und ihr Verehrer, der König von Böhmen, sehen sich hier. Der „rothaarige Mann“ ist zu sehen, aber auch eine Szene aus dem „gefleckten Band“ wird nachgestellt, um nur ein paar zu nennen. Natürlich haben wir uns ins Gästebuch eingetragen.

„Folgen sie mir, Mr. Holmes erwartet sie…“

Ebenfalls sehr beeindruckend war jedoch der Museums Shop. Von Kunst bis Kitsch kann man hier so ziemlich alles kaufen, was mit „Sherlock Holmes“ zu tun hat. Polizeipfeifen, Stifte, Füllhalter, Büsten, Schirme, Tassen, Bilder, Bücher, T-Shirts, Mützen und vieles mehr gibt es hier in Hülle und Fülle. Die Preise sind moderat bis überteuert, aber für jeden ist etwas dabei. Eine Verkäuferin sprach sogar deutsch. Leider fragte ich sie nicht, warum der Online-Shop eingestellt wurde.

Kurz erwähnen will ich noch den Sherlock Holmes Pub, ganz in der Nähe der Scotland Yard „Straße“. Der Pub wirkt in der unteren Etage wie ein gewöhnlicher Pub. In der ersten Etage erkennt man, warum er von außen so schön auf Sherlock Holmes hinweist. Eine Mini-Ausstellung und viele Exponate in Regalen und an den Wänden finden sich hier. Das Essen ist einwandfrei.

Sherlock Holmes Pub (nicht von Sidney Paget, aber hätte sein können, oder?)

Der Besuch im Sherlock Holmes Museum hatte mich so sehr begeistert, dass ich gegen Ende der „London – Woche“ noch einmal alleine dorthin ging. An dem Tag wollte ich aber auch noch die „Nothern Gower Street“ besuchen, die „andere“ Baker Street. Es ist schon witzig, dass die Straße, die man in der „SHERLOCK“-Reihe mit Benedict Cumberbatch verwandte, den Namen „Gower“ im Namen trägt. Holmes – Fans kennen Patrick Gowers als den Komponisten der Musik zur berühmten Sherlock Holmes Serie mit Jeremy Brett. Die Serie ist bei uns in (West-)Deutschland nur sehr, sehr zögerlich bekannt geworden, aber das ist ein anderes Thema.

Sherlock´s Door North Gower Street, neben Speedys…

Wer „Sherlock“ kennt, kennt auch das Restaurant „Speedys“. Ich aß dort einen Burger. Zugegeben, es wirkte einfach, das „Speedys“. Ordentlich, aber einfach. Der Burger war etwas zu kross, aber genießbar. An den Wänden hingen Fotos von Cumberbatch und Martin Freeman (Watson) während der Dreharbeiten. Ein schönes Gefühl dort zu essen, wo auch „sie“ aßen… Auch im Restaurant fanden sich Amerikaner, die sich vor „der“ Tür nebenan fotografierten. Ich bat darum, dass sie mich auch fotografierten, was sie auch taten. Fans unter sich sind einander in der Regel sehr freundlich gesonnen.

Big Ben und Scotland Yard

Ein Ziel, dass ich hatte als ich nach London kam, war es, jenes Scotland Yard – Gebäude zu finden, welches zur Zeit von Sherlock Holmes als das aktuelle galt. Man kann aber wirklich verwirrt werden, wenn man nach jenem Gebäude recherchiert. Als ich den Big Ben besuchte (einmal mit der Familie meiner Schwester, einmal alleine), wusste ich nicht, dass jenes Gebäude so dermaßen nahe gelegen war. Wenn man direkt vor dem hohen Turm des Big Ben steht, braucht man sich nur umzudrehen und geradeaus in die nächste Straße gehen. Auf der linken Seite findet es sich. Rechts sieht man direkt zur Themse, links zum alten, zum „Great Scotland Yard“. Das Gebäude ist groß, tatsächlich sind es mehrere, die miteinander verbunden sind. Ort: Victoria Embankment. Ich fand es leider nicht wirklich, nicht BEWUSST, meinte, es wäre jenes im Umbau befindliche Gebäude nahe Whitehall, eben in der Straße „Scotland Yard“. Aber das war der Vorgänger des beschriebenen , von mir gesuchten, „Yards“.

Aus Versehen das gesuchte Scotland Yard fotografiert….

Zufällig habe ich trotzdem ein Foto davon geschossen. Ich fand, dass es mich sehr an das gesuchte Gebäude erinnert, schloss aber aus, dass es dies auch wirklich sein könnte. Ich höre direkt Sherlock Holmes sagen: „Sie sehen, aber sie beobachten nicht, Wieprecht!“ Ja, mei… bin halt eher ein Watson, Holmes…

Ein Traum wurde wahr…

Als ich mich das erste Mal auf der Kensington Brücke befand, bemühte ich mich den Augenblick abzuspeichern. Nicht nur auf meiner Handy-Kamera, sondern vor Allem in meinem Gedächtnis. Ganz bewusst nahm ich das Plätschern und die leichten Wogen der Themse wahr, blickte immer wieder zum Regierungsgebäude, aus dem in dem Robert Downey Jr. Film „Sherlock Holmes“ (2009) in die Themse sprang, dann hinauf zum Big Ben und wieder zurück. Da stand ich, inmitten der Massen von Touristen, aber doch ganz alleine…. mein 16jähriges Ich, mein 46jähriges Ich…. da wurde mir klar, dass dies einer jener Momente im Leben ist, für die es sich zu leben lohnt. Ein Traum wurde wahr!

Und der Big Ben begann seine Melodie zu schlagen.

Nachwort

Einmal im Leben London sehen, das hatte ich mir so sehr gewünscht. Wie hätte ich wissen können, dass man sich in eine Stadt verlieben kann?

Natürlich: London hat für seine Einwohner auch dunkle Seiten. In keiner deutschen Stadt sah ich beispielsweise so viele Bettler auf den Straßen wie dort.

Aus meinem privilegiertem Blickwinkel habe ich diese Weltstadt genießen können. Die Kultur, die großartigen Bauwerke unterschiedlichster Epochen, der wahrhafte Atem der Historie, der die Stadt mehr umgibt als der wohl eher sagenhafte Londoner Nebel, den ich nie zu Gesicht bekam. Gleichzeitig ist es eine der modernsten Städte, die es gibt. Diese Verbindung ist einzigartig.

Für mich war jene Woche in London eine der schönsten Zeiten meines Lebens, was natürlich auch an meiner Begleitung – der Familie meiner Schwester – lag.

London ist für mich nunmehr der Inbegriff einer Sehnsucht.

Auf Wiedersehen, Big Ben!

Übrigens:

Für die alten YPS-Fans unter euch, die gerne basteln, noch ein heisser Tip: Hier könnt ihr euch den Bastelbogen des genannten Scotland Yard Gebäudes ausdrucken (ich empfehle stärkeres Papier): http://www.ypsfanpage.de/sonst/bastel.php?bogen=83

Die Ypsfanpage.de ist überhaupt empfehlenswert für alle Retro-Fans.